Hamburg. Völlig überraschend wird Finanzsenator Peter Tschentscher Chef im Rathaus. Andreas Dressel verzichtete

Paukenschlag im Hamburger Rathaus: Finanzsenator Peter Tschentscher (SPD) soll überraschend Nachfolger von Olaf Scholz als Erster Bürgermeister werden. Mit diesem Vorschlag ging die Parteispitze um Scholz am späten Freitagnachmittag in die Sitzung des Landesvorstands. Doch der Diskussionsbedarf der Genossen war angesichts dieser unerwarteten Wendung offensichtlich groß, denn ein ums andere Mal musste ein angekündigtes Pressestatement von Scholz verschoben werden. Erst nach knapp drei Stunden interner Debatte stimmte der Landesvorstand zu.

„Der Landesvorstand schlägt einvernehmlich vor, dass Finanzsenator Peter Tschentscher der nächste Erste Bürgermeister sein soll“, sagte Scholz. „Ich bin sicher, dass das gute Regieren, das wir 2011 begonnen haben, mit Peter Tschentscher so fortgesetzt werden kann.“ Es sei für ihn, Scholz, „ein ganz, ganz wichtiger Punkt, dass wir sicherstellen, dass unsere Stadt weiterhin wirtschaftlich erfolgreich ist und sozial zusammenhält“. Dafür sei Tschentscher „der richtige Mann“. Scholz setzte hinzu: „Es ist immer richtig, den angesehensten Senator zum Bürgermeister zu machen.“

„Es ist für mich eine große Ehre und eine Aufgabe, die ich gern annehme“, sagte Tschentscher. „Die Entscheidung ist mir nicht schwergefallen“, fügte der 52 Jahre alte Arzt hinzu.

Zuvor hatten in einer Nachtsitzung maßgeblicher Sozialdemokraten im Rathaus sowohl Sozialsenatorin Melanie Leonhard als auch Bürgerschafts-Fraktionschef An­dreas Dressel endgültig darauf verzichtet, das Bürgermeisteramt zu übernehmen. Beide führten als zentralen Grund ihre familiäre Situation mit kleinen Kindern an. Leonhard hatte intern schon frühzeitig klar gesagt, dass sie nicht zur Verfügung stehe, und widerstand allen Versuchen, sie noch umzustimmen. Dressel, der lange als Favorit für die Scholz-Nachfolge als Bürgermeister galt, hatte die eigenen Ambitionen lange in der Schwebe gelassen.

Dressel soll nun Finanzsenator und damit Nachfolger von Tschentscher werden. Neue starke Frau an der Spitze der Regierungspartei SPD dürfte Leonhard werden, die Scholz als Landesvorsitzende beerben soll. Scholz, der Finanzminister und Vizekanzler der neuen Großen Koalition wird, zieht sich komplett aus der Landespolitik zurück. Wer für Dressel an die Spitze der Bürgerschaftsfraktion rückt, ist noch offen. Das sei Sache der Abgeordneten, hieß es dazu aus der Partei. Allerdings läuft derzeit alles auf den Eimsbütteler SPD-Chef Milan Pein hinaus, der Vorsitzender des G-20-Untersuchungsausschusses der Bürgerschaft ist.

Ein SPD-Parteitag soll am 24. März über das Amt des Bürgermeisters und des Parteivorsitzenden entscheiden. Auch der grüne Koalitionspartner will dann die Lage beraten. Die Bürgerschaft könnte Tschentscher am 28. März zum Senatschef wählen.

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