Kiel/Hamburg. Schlussstrich unter ein beispielloses Finanzdebakel: Hamburg und Schleswig-Holstein verkaufen dieHSH Nordbank für eine Milliarde Euro

Die HSH Nordbank wird an eine Gruppe von Finanzinvestoren verkauft. Der Preis liegt bei gut einer Milliarde Euro. Die Regierungen der Länder Hamburg und Schleswig-Holstein, Eigentümer der Bank, stimmten dem Kaufvertrag am Mittwoch zu – wenige Stunden vor Ablauf der Verkaufsfrist. „Wir haben es geschafft, eine existenzielle Krise abzuwenden“, sagte Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) in Kiel.

Die Problem-Bank galt über Jahre als größtes Haushaltsrisiko für die beiden Länder. Negativ ist die Schluss­bilanz auch jetzt noch – trotz des Kaufpreises. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) sagte dazu: „Der Vermögensschaden für Schleswig-Holstein liegt momentan bei 5,4 Milliarden Euro, er kann maximal auf sieben Milliarden Euro ansteigen.“ In ähnlicher Höhe wird auch Hamburg zur Kasse gebeten. „Das ist bitter für beide Länder“, so Günther.

Die HSH Nordbank war in der Finanz- und der Schifffahrtskrise in Schieflage geraten. Die Länder mussten sie mit Eigenkapitalspritzen in Höhe von 3,5 Milliarden Euro und einer Garantie über zehn Milliarden Euro retten. Doch selbst das reichte nicht. Die EU-Wettbewerbskommission ordnete schließlich an, die Bank bis zum 28. Februar zu verkaufen – oder sie, wenn dies nicht gelänge, abzuwickeln.

Die Käufer des Unternehmens mit 2000 Mitarbeitern in Hamburg sind die als Favoriten gehandelten US-Finanzinvestoren Cerberus und J.C. Flowers sowie drei weitere Unternehmen mit kleineren Anteilen (siehe Infokasten). Sollten die neuen Eigentümer die Zehn-Milliarden-Garantie der Länder doch nicht voll in Anspruch nehmen, würde sich der Kaufpreis entsprechend verringern. Das gilt jedoch als unwahrscheinlich und wäre für die Länder ein Nullsummenspiel.

Vor dem endgültigen Verkauf sind noch einige Hürden zu überwinden. Zunächst müssen die beiden Länderparlamente zustimmen. Sodann muss die Mitgliedschaft der Bank im Sicherungssystem des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands verlängert werden. Die Kartellbehörden müssen einverstanden sein, ebenso die EU-Kommission, die Europäische Zentralbank und die deutsche Bankenaufsicht. Erst danach erfolgt das „Closing“, der endgültige Vertrags­abschluss.

Die Regierungschefs zeigten sich zufrieden mit dem Ergebnis – trotz der damit verbundenen Milliardenkosten. „Wir haben ein sehr gutes Verkaufsergebnis erzielt“, sagte Scholz am Nachmittag in der Bürgerschaft und betonte: „Wir wollen die unrühmliche und das Vermögen der Länder hoch belastende Geschichte der HSH als öffentliche Landesbank damit endgültig abschließen.“ Günther sagte: „Wir haben etwas erreicht, was viele noch vor einem Jahr für unmöglich gehalten hatten.“

Die Parlamentarier beider Länder reagierten zurückhaltend auf das Verhandlungsergebnis. André Trepoll, Vorsitzender der CDU-Bürgerschaftsfraktion, sagte: „Einseitige politische Schuldzuweisungen helfen heute niemandem. Alle haben die Schwächen der Bank zu spät erkannt und Fehler bei der Bewältigung gemacht.“

Was der neue Eigentümer mit der Bank vorhat, ist vorerst unklar. Ein Personalabbau dürfte wahrscheinlich sein. Die Gewerkschaft Ver.di Nord kritisierte den Verkauf: „ Die verbliebenen Beschäftigten der Bank werden von den Landesregierungen ohne Absicherung und ohne Schutzmechanismen in ein neues Abenteuer geschickt.“

Seite 2 Leitartikel Seite 10 Berichte