anch einer braucht die Nacht, um sich in die Welt der Fantasie und des Unbewussten zu begeben. Vielleicht ist deshalb die Lange Nacht der Museen Hamburg so beliebt und wird Jahr für Jahr wiederholt. Jährlich schwanken die Besucherzahlen zwischen 25.000 und 30.000 begeisterten Nachtschwärmern. In jedem Fall lassen sich etliche bleibende Eindrücke aus den Museen gewinnen, und die Chancen, zwanglos Leute kennenzulernen, stehen auch selten so gut wie an einem solchen Abend.

Die 18. Lange Nacht der Museen findet am Sonnabend, dem 21. April, statt. Von 18 bis 2 Uhr morgens können Rekordwillige theoretisch 59 Museen besuchen. 850 Veranstaltungen von Kaltehofe bis City, von Harburg bis Billwerder locken auch den letzten Ausgehmuffel hinter dem Ofen hervor. Und besonders die kleineren Häuser haben sich fantasievolle Programme ausgedacht. Das diesjährige Motto lautet: „Forsch dich durch die Nacht!“ Selbst wenn sich nicht alle Häuser daran orientieren können, ist wieder ein unglaublich vielfältiges, schönes, unterhaltsames Programm zustande gekommen. Zum ersten Mal dabei ist zum Beispiel das FC-St.-Pauli-Museum am Millerntor. Dort liest unter anderem der frühere Stadionsprecher Rainer Wulff mit seinem dröhnenden Bass witzige Satiren und Glossen, Beginn ist 21 Uhr.

Nach zehn Jahren Pause und umfangreicher Sanierungsphase fährt der beliebte Stückgutfrachter MS „Bleichen“ nun endlich wieder. Die Premierenfahrt ist am selben Tag nach Anmeldung (T. 42 93 63 22) und beginnt um 10 Uhr, Tickets: 139,- Euro pro Erwachsener, 129,- für Kinder. Am Abend kann der Frachter am Ponton der 50er-Schuppen besichtigt werden. Im nahen Hafenmuseum erklären Museumsguides, wie in den Kühlcontainern die grün gepflückten Bananen reif werden. Dort kann man auch für den Flying-P-Liner „Peking“ Knoten, Spleißen und Takeln üben.

Im Museumsschiff „Rickmer Rickmers“ wird vorgeführt, wie die Buddelschiffe in ihre Flaschen gelangen, und im Deutschen Zollmuseum sind Menschen mit kriminalistischem Spürsinn in dieser langen Nacht gut aufgehoben. Dort werden nämlich von 18 bis 1 Uhr Live-Experimente mit Chemikalien vorgeführt, die zeigen, wie der Zoll Verbotenes aufspürt, begutachtet und analysiert.

Apropos Krimi: Das Altonaer Museum lädt von 18 bis 21 Uhr dazu ein, Fahndungsfotos von sich zu erstellen. Alternativ wird von 18 bis 22 Uhr in der Lauenburger Apotheke aus dem 18. Jahrhundert vorgeführt, wie anno dazumal Giftmischerinnen und Giftmischer zu Werke gingen und wie sich das später nachweisen ließ. Nicht weniger gruselig geht es im Medizinhistorischen Museum Hamburg zu, das in der ehemaligen Pathologie des Universitätsklinikums Eppendorf untergebracht ist. Dafür braucht es vielleicht sogar eine Prise Voyeurismus: Um 18 Uhr ist dort zu erfahren, welche Fremdkörper schon aus Luft- und Speiseröhren herausgeholt wurden. Oder man lauscht Edith Ghetta und Doris Fischer-Radizi, wie sie in ihrer spannenden Performance „Der dunkle Kontinent“ um 19.45 Uhr über den weiblichen Unterleib aufklären.

Weniger künstlerisch, dafür komplett naturwissenschaftlich wird es an der Universität zugehen: Im dortigen Mineralogischen Museum lässt sich echtes Gold waschen (18 bis 23 Uhr), das man hinterher mit nach Hause nehmen darf.

Eine Forscherin erklärt im wiedereröffneten Zoologischen Museum, was aus den Knochen eines Finnwals zu lesen ist (19/21/23 Uhr). Außerdem dürfen die dortigen Besucher den ganzen Abend lang ein virtuelles 3-D-Skelett in Lebensgröße untersuchen (18 bis 2 Uhr).

Geforscht wurde übrigens auch im Brahms-Museum, das im neu und attraktiv aufgemachten Komponistenquartier seine alte neue Heimat hat: Dort beginnt um 21.30 Uhr der Vortrag „Geforscht, gefunden, gesungen – Johannes Brahms und das Volkslied“. Von Carl Philipp Emanuel Bach werden nebenan im gleichnamigen Museum um 22.30 Uhr dessen Lieder zum Besten gegeben. Es singen Laura Martens (Sopran) und Anne Hubert (Sopran), am Spinett spielt Olga Chumikova.

Im Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg, das eine bedeutende historische Instrumenten-Sammlung beherbergt, stehen drei musikalische Führungen zur Wahl, um 18.40, 20.40 und 22.40 Uhr.

Eine alte kunsthandwerkliche Technik lässt sich im Deutschen Maler- und Lackierermuseum in Billwerder üben: die Hinterglasvergoldung, jeweils um 19 oder 21 Uhr. Ziemliche Action ist rund um die Deichtorhallen angesagt: Zur aktiven Gestaltung lädt die Street Art School St. Pauli Karo Schanze von 19 bis 24 Uhr auf dem Deichtorhallenplatz ein, dort werden von 19 bis 22 Uhr außerdem nicht nur südamerikanische Churros frittiert. Auch heiße Beats von cmc, Teresa Majewski, Studiobuehler und anderen rauschen im Frühlingswind über den Plattenteller.