Wer Journalist ist, wird diesen Film nicht ohne Wehmut anschauen können. Wie damals Zeitungen gemacht wurden! Die Schreibmaschinen, der Bleisatz, die Druckerschwärze! Und diese Begeisterung, mit der sich die Menschen auf eine neu erschienene Zeitung stürzten, auf den immer noch wichtigsten Nachrichtenlieferanten! Diese Zeiten, man muss es ehrlicherweise eingestehen, sind entweder ganz vorbei oder existieren nur noch in Schrumpfstadien ihrer selbst.

Anderes an diesem bemerkenswerten Film ist genauso aktuell, wie kritischer Journalismus, in welcher Form auch immer, für Demokratien lebensnotwendig geblieben ist. Steven Spielberg hat sich die Geschichte der „Pentagon Papers“ ausgesucht, um die gegenwärtige Diskussion um „Fake News“ und „Failed Journalism“ aufzugreifen. Bei diesen Papieren handelte es sich um eine interne Studie aus dem US-Verteidigungsministerium, die 1971 zuerst von der „New York Times“, dann von der „Washington Post“ veröffentlicht wurde. Sie machte der US-Öffentlichkeit klar, dass sie von ihrer Regierung für die Dauer mehrerer Präsidentschaften über die Vorgeschichte des Krieges in Vietnam systematisch getäuscht worden war.

Meryl Streep spielt die Verlegerin der „Washington Post“, Kay Graham. Sie hat ihr Unternehmen gerade an die Börse gebracht und muss entscheiden, ob sie seine Zukunft mit der Veröffentlichung der Studie gefährden will oder ob sie das Risiko im Dienst an der Wahrheit eingehen will. Nun wissen wir, dass sich Graham für eine Publikation entschied. Dass man das Ende der Geschichte kennt, macht sie nicht langweilig. Es sind die Konflikte und Charakterkonstellationen, die den Film sehenswert machen.

So muss sich Graham in einem Zoo aus männlichen Alphatieren behaupten. Sie belehren sie auf Konferenzen und schneiden ihr das Wort ab, wenn sie es sich überhaupt zu ergreifen traut. Der einzige Mann in ihrer Nähe, der wirklich das Gespräch mit ihr sucht, ist ihr Chefredakteur Ben Bradlee (Tom Hanks), der in den „Pentagon Papers“ die beste Story in der Geschichte der Zeitung erkennt. In Grahams Upper-Class-Welt taucht er nur am Rande auf. Meryl Streep macht subtil erfahrbar, wie einsam es dort für sie zugeht.

Wann wäre Pathos angebracht – wenn nicht jetzt?

Natürlich versucht die Regierung, angeführt vom schmierigen, jederzeit intrigebereiten Richard Nixon, alles in ihrer Macht Stehende, um eine Veröffentlichung der Studie zu verhindern. Regisseur Steven Spielberg zeigt das Weiße Haus in diesem Film nur als eine Art Black Box: Der Präsident schimpft in sein Telefon hinein, staucht Handlanger zusammen, nimmt Drohgebärden ein. Sein autoritäres Gebaren erinnert frappierend an das, was in letzter Zeit aus dem Weißen Haus nach draußen gesickert ist.

Spielberg fokussiert sich auf seine Hauptdarstellerin, die Donald Trump als „eine der am meisten überschätzten Schauspielerinnen Hollywoods“ beschimpft hat. Hier kann man sehen, wie falsch der Präsident liegt: Den Wandel von der passiven Beobachterin zur aktiven, mutigen Managerin könnte wohl niemand so glaubwürdig auf die Leinwand bringen wie sie. Spielberg mag mit dem Hang zum Pressefreiheitspathos auf der Kitschgrenze tänzeln – aber wann wäre Pathos angebracht – wenn nicht jetzt?

„Die Verlegerin“ USA 2017, 116 Minuten, ab 6 Jahren, Regie: Steven Spielberg, Darsteller: Meryl Streep, Tom Hanks, Sarah Paulson, Bob Odenkirk, täglich im Abaton (OmU), Cinemaxx Dammtor, Elbe, Koralle, Passage, Savoy (OF), Studio (OmU), UCI Mundsburg/Wandsbek, Zeise