An Bord einer fahrenden Intensivstation – Notfallsanitäter retten Leben

enn Jonas Grunenberg gerufen wird, muss es schnell gehen. Gerade mal ein bis zwei Minuten benötigen er und seine Kollegen, um in den Rettungswagen zu springen und zum nächsten Einsatzort durchzustarten. Der 25-Jährige aus Niedersachsen ist angehender Notfallsanitäter. Im Rettungsdienst versorgen er und seine Kollegen Patienten, die beispielsweise einen Schlaganfall, Herzinfarkt oder schwere Verletzungen erlitten haben. Sie beurteilen den Gesundheitszustand der hilfsbedürftigen Personen am Einsatzort und führen die medizinische Erstversorgung mit modernem medizinischen Equipment durch. „Ein abwechslungsreicher Beruf, kein Dienst und kein Einsatz ist wie der andere“, sagt Jonas.

Er hat bereits eine Ausbildung zum Orthopädieschuhmacher abgeschlossen und in dem Beruf zweieinhalb Jahre als Geselle gearbeitet. Als die Ausbildung zum Notfallsanitäter 2014 neu strukturiert wurde, sattelte er um. Denn eigentlich wollte er schon immer in den Rettungsdienst. Seine Entscheidung hat Jonas bislang nicht bereut – auch wenn der Beruf Schichtdienst mit sich bringe, körperlich recht anstrengend sei und die Konfrontation mit Leid und Tod bedeute. „In Notfällen medizinische Hilfe zu leisten oder sogar Menschenleben zu retten ist ein verdammt gutes Gefühl“, sagt Jonas.

Mittlerweile ist er im letzten Ausbildungsjahr, sein Ausbildungsort ist der Ambulanzdienst des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) in Harburg. Die dreijährige Berufsausbildung verläuft dual im Wechsel von Theorie – am Bildungszentrum Schlump – und Praxis. Fester Bestandteil der Ausbildung sind außerdem neun zwei- bis vierwöchige Praktika im Krankenhaus, bei denen die angehenden Notfallsanitäter die Arbeit auf der Pflege- und Intensivstation, in der Notfallaufnahme, im Kreißsaal oder in den Bereichen Psychiatrie und Anästhesie kennenlernen.

In seinem ersten Ausbildungsjahr hat Jonas überwiegend Krankentransporte durchgeführt. „In dieser Zeit habe ich gelernt, mit den Patienten umzugehen. Dabei gilt es, Ruhe auszustrahlen und ein Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit zu vermitteln. Wenn das gelingt, erfährt man viel Dankbarkeit“, sagt Jonas. In seinem zweiten Ausbildungsjahr war er dann meist als Fahrer im Rettungswagen unterwegs. Den dafür erforderlichen Führerschein hat er im Rahmen der Ausbildung gemacht.

Die Notfälle, zu denen das Team des DRK gerufen wird, sind immer wieder anders. Mal leiden die Hilfesuchenden unter Herzproblemen oder Atemnot. Oder es handelt sich um einen Unfall. „Es kann aber auch vorkommen, dass wir helfen müssen, weil jemand zu viel getrunken hat. In jedem Fall müssen wir vor Ort schnelle Entscheidungen treffen und dafür Sorge tragen, dass die Situation nicht eskaliert. Wenn beispielsweise Familienangehörige anwesend sind, kann das mitunter schwierig sein“, berichtet Jonas.

Jetzt in seinem dritten Ausbildungsjahr ist er an Bord eines Notarztwagens, der fahrenden Intensivstation. Zum Team gehören jeweils zwei erfahrene Kollegen und ein Notarzt. Weil es um Sekunden gehen kann, rast der Notarztwagen mit Blaulicht und Martinshorn durch Hamburgs Straßen. Und doch kann es sein, dass die Helfer zu spät kommen. So wie im Falle einer Frau, die auf einem Bahnübergang von einem Zug erfasst wurde. „Die schrecklichen Bilder bleiben dann lange im Kopf, damit muss man leben. Doch wir lernen, mit derartigen Situationen umzugehen“, sagt Jonas. Umso mehr freut er sich darüber, wenn er einen schwer erkrankten Patienten in die Notaufnahme eingeliefert hat und dieser wieder gesund wird. „Durch meinen Beruf hat sich die Sicht auf das Leben verändert“, bilanziert Jonas, „ich weiß es heute mehr zu schätzen.“

Notfallsanitäter arbeiten auch im Innendienst einer Rettungswache oder -leitstelle. Dort nehmen sie Notrufe entgegen und koordinieren die Einsätze. Tätig werden können sie ebenso in der Ausbildung, bei Katastrophenhilfswerken, Wach- und Sicherheitsdiensten oder bei der Bundeswehr. Die Ausbildung zum Notfallsanitäter wird in Hamburg von verschiedenen Hilfsorganisationen, von der Akademie für Notfallmedizin, dem GARD-Rettungsdienst und der Feuerwehr angeboten. „Wir haben pro Jahr zwei Lehrgänge mit jeweils 25 Teilnehmern“, sagt Jenny Schütt vom Personalauswahlzentrum der Feuerwehr Hamburg. Wer Notfallsanitäter werden wolle, müsse in jeder Situation Ruhe bewahren können und teamfähig sein. Denn um den Patienten optimal zu versorgen, sei eine gute Zusammenarbeit mit Kollegen und Notärzten notwendig. Das Auswahlverfahren bei der Feuerwehr besteht aus einer schriftlichen, mündlichen und physischen Eignungsprüfung. Ausbildungsbeginn ist jeweils Februar und August. Bewerbungen für die im Februar 2019 startende Ausbildung werden noch bis zum 30. März angenommen. Bewerbungsschluss für einen der Ausbildungsplätze bei der Akademie für Notfallmedizin (Start August 2018) ist der 28. Februar.