Martin Schulz tritt ab. Andrea Nahles soll am 22. April zur Nachfolgerin gewählt werden. Bis dahin führt der Bürgermeister die Sozialdemokraten

Bis zum Sonderparteitag am 22. April in Wiesbaden wird der Hamburger Bürgermeister Olaf Scholz die SPD kommissarisch führen. Der bisherige Vorsitzende Martin Schulz trat am Dienstag zurück. Scholz muss einspringen, da die Pläne, den Vorsitz sofort an die Bundestagsfraktionschefin Andrea Nahles zu übergeben, am Widerstand mehrerer Landesverbände – unter anderem Schleswig-Holstein – scheiterten.

Olaf Scholz übernimmt die Aufgabe als einer der dienstältesten der stellvertretenden Vorsitzenden der SPD. Er sieht sich in einer „dienenden Funktion“, die mit dem Parteitag im April ende, sagte er am Dienstagabend. Er wolle dafür sorgen, dass die Geschicke der SPD gut vorankämen und nun über den Koalitionsvertrag mit der Union diskutiert werde. Der Hamburger Bürgermeister wird auch als Finanzminister und Vizekanzler im Falle einer ­Neuauflage der Großen Koalition gehandelt.

Andrea Nahles soll nach dem Sonderparteitag im April als erste Frau an der SPD-Spitze die Partei aus ihrer tiefen Krise führen. Die Spitzengremien der Partei nominierten die 47-Jährige einstimmig für die Wahl. Nahles bezeichnete die Nominierung als „große Ehre“. „Es ist eine große Verantwortung für unser Land“, sagte sie. Sie hoffe, dass vom Parteitag in Wiesbaden ein „Aufbruchssignal“ ausgehen werde. Nahles verteidigte den Koalitionsvertrag und zeigte sich zuversichtlich, dass die Mitglieder bei der Abstimmung vom 20. Februar bis zum 2. März mit Ja stimmen werden. „Es geht nicht in die Hose“, sagte sie. Auf die Frage, ob sie ihre politische Zukunft von dem Votum abhängig machen werde, sagte sie: „Mein Schicksal verknüpfe ich mit gar nichts.“

Nahles wird auf dem Parteitag in Wiesbaden nicht die einzige Kandidatin sein. Die Flensburger Oberbürgermeisterin Simone Lange kündigte überraschend ihre Gegenkandidatur an – aus Protest gegen die Vorfestlegung auf Nahles. Chancen werden ihr nicht eingeräumt. Nach SPD-Angaben ist es aber die erste Kampfkandidatur um den Parteivorsitz in der Nachkriegszeit. Schulz, der den Koalitionsvertrag mit der Union zusammen mit Nahles ausgehandelt hat, hatte seinen Rückzug vom Parteivorsitz bereits in der vergangenen Woche angekündigt. Er hoffe, dass nun die Personaldebatte in der Partei zu einem Ende kommen und die SPD zu alter Kraft zurückfinden werde, sagte er und betonte: „Ich scheide ohne Bitterkeit und ohne Groll aus diesem Amt.“ Der 62-Jährige war nicht einmal ein Jahr Parteichef. Im März 2017 war er mit dem Rekordergebnis von 100 Prozent gewählt worden. Schulz hatte Nahles bereits kurz nach den Koalitionsverhandlungen als Nachfolgerin für die Parteispitze vorgeschlagen.

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