Hamburg. Studie: Jeder Dritte erhält weniger als 8,84 Euro pro Stunde. Pizzafahrer mussten angeblich Trinkgeld abgeben

Schon seit drei Jahren gilt der gesetzliche Mindestlohn in Deutschland. Doch viele Kellner und Köche in Hotels und Restaurants erhalten weniger Geld, als ihnen zusteht. Aktuelle Untersuchungen belegen, dass etliche Hotels und Restaurants im Norden die gesetzlich vorgeschriebenen 8,84 Euro pro Stunde unterschreiten.

Bei einer Kontrolle in Hamburg hat der Zoll jetzt 33 Gaststätten und Imbisse besucht. Dabei stießen die Beamten auf 14 Mitarbeiter, denen der Mindestlohn vermutlich nicht ordnungsgemäß ausgezahlt wurde. Keine Einzelfälle: Nach einer Studie der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung haben in Hotels und Gaststätten 38 Prozent der Beschäftigten im Jahr 2017 weniger als den gesetzlichen Mindestlohn erhalten.

Uwe Polkaehn vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) bezeichnet die mangelnde Bezahlung als Betrug: „Wer weniger als den Mindestlohn zahlt, verhält sich kriminell – und er betrügt auch die Sozialkassen und die Mitbewerber, die fair entlohnen“, sagt der Vorsitzende des DGB Nord. „Wir sehen, dass dies leider auch in Hamburg und Schleswig-Holstein massenhaft
geschieht, da geht es nicht nur um ein paar schwarze Schafe.“

Die Gewerkschaften hören von immer mehr Beschäftigten, dass die Unternehmen haarsträubende Tricks nutzen, um den gesetzlich vorgeschriebenen Lohn zu drücken. Bei einem bekannten Pizza-Lieferdienst mussten Fahrer Teile des Trinkgelds abgeben. Dienstpläne werden so geschönt, dass eigentlich zu bezahlende Mehrarbeit nicht sichtbar wird – auch bei Kontrollen des Zolls. Insbesondere Auszubildende würden in Hotels ausgebeutet.

Die Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten (NGG) in Hamburg kennt Fälle, in denen junge Leute so viele Überstunden leisten müssen, dass sie mit einem Stundenlohn von weniger als vier Euro abgespeist werden.

Die Verstöße gegen den Mindestlohn spielen sich in einer Branche ab, der nicht zuletzt wegen steigender Touristenzahlen Tausende Bewerber fehlen. Wenn dann noch die tariflich ohnehin geringe Bezahlung unterschritten werde, heißt es bei der NGG, entscheiden sich viele Leute für einen anderen Beruf. Und der Fachkräftemangel dürfte ein Dauerthema bleiben.

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