Berlin. Martin Schulz soll Außenminister werden, Andrea Nahles Parteichefin

Viereinhalb Monate nach der Bundestagswahl sind die Weichen für eine neue Große Koalition gestellt – und die SPD steht vor einem großen personellen Umbruch. Martin Schulz will nun doch, entgegen seinem Versprechen nach der Bundestagswahl, in das neue Kabinett von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) eintreten und Außenminister werden. Dafür gibt er den Parteivorsitz an Fraktionschefin Andrea Nahles ab. Auch auf den Posten des Vizekanzlers verzichtet er zugunsten des designierten Finanzministers Olaf Scholz.

Ob es tatsächlich eine neue Große Koalition gibt – darüber müssen jetzt die mehr als 460.000 SPD-Mitglieder abstimmen. Das Votum gilt als offen. Am 4. März soll das Ergebnis vorliegen.

Rund 24 Stunden lang hatten CDU, CSU und SPD ununterbrochen um die Bildung einer neuen Großen Koalition gerungen. Am frühen Mittwochmorgen standen die Verhandlungen nach Angaben von Teilnehmern kurzzeitig vor dem Scheitern. Gegen 10 Uhr wurde dann ein Durchbruch bestätigt, auch bei der umkämpften Ressortverteilung. Dabei schnitt die SPD überraschend gut ab. Sie soll sechs Ministerien bekommen, neben den prestigeträchtigen Ressorts Außen und Finanzen auch das wichtige Arbeitsministerium sowie das Familien-, das Justiz- und das Umweltministerium. CSU-Chef Horst Seehofer erhält ein Superministerium für Inneres, Heimat und Bau.

Die CDU kommt dagegen relativ schlecht weg. Die Partei verliert mit dem Innen- und dem Finanzressort zwei der wichtigsten Ministerien. Merkel, die nun vor ihrer vierten Kanzlerschaft steht, räumte ein, dass der Verzicht auf diese Ressorts vielen schwerfalle. „Dass die Frage, wer bekommt welches Ressort, eine nicht ganz einfache war, das will ich gerne hier verraten“, sagte sie. Es bleiben der CDU Wirtschaft, Gesundheit, Verteidigung, Bildung und Landwirtschaft. Die CSU übernimmt neben dem Innenministerium Verkehr und Entwicklungshilfe.

Schulz sagte, der Koalitionsvertrag trage „in einem großen Maße sozialdemokratische Handschrift“. Inhaltlich erreichte die SPD in den ihr besonders wichtigen Punkten Gesundheit und Arbeitsmarkt allerdings weniger als erhofft. Um die Ungleichbehandlung von Privat- und Kassenpatienten einzudämmen, soll nun eine Kommission eingesetzt werden. Und ein Verbot von grundlos befristeten Arbeitsverträgen kommt zunächst nicht. Allerdings sollen diese eingedämmt werden.