Sülldorf. In der Reihe „Wir im Westen“ gewähren Menschen aus den Elbvororten Einblicke in ihr Leben. Heute: der Bauer Hauke Behrmann

Wenn Unternehmen in vierter Generation geführt werden, ist das schon bemerkenswert. Hauke Behrmann kann darüber nur lachen. Er ist Landwirt in 14. Generation. Seine Familie bewirtschaftete das Sülldorfer Land bereits seit dem 17. Jahrhundert. Verständlich, dass die Familie in der Region sehr verwurzelt ist. Sein Vater Hans-Hinrich Behrmann war natürlich in der Freiwilligen Feuerwehr des Ortes aktiv genauso wie Hauke Behrmann selbst. Bis die Arbeit auf dem Hof überhand nahm. Der verheiratete Vater von zwei Söhnen (acht und elf Jahre) – der ältere Sohn ist übrigens auch schon für die Jugendfeuerwehr angemeldet – übernahm vor rund zehn Jahren den Familienbetrieb am Feldweg 65. Er liegt mitten in der Sülldorfer Feldmark. Theoretisch sind hier keine Fahrzeuge außer landwirtschaftliche erlaubt. Praktisch sind viele Autos unterwegs; anders kämen die vielen Reiter nicht zu ihren Pferden.

Auch Behrmanns mussten umsatteln. Als sich die Viehwirtschaft nicht mehr rechnete, wurde 1998 aus dem Rinderhof ein Pensionsstall für Pferde. In den Stallungen ist nun Platz für 70 Tiere, die Besitzer kommen aus Hamburg und Umgebung. 60 Hektar Land gehören zum Geesthof der Behrmanns, diese gilt es zu bewirtschaften.

Das ist vor allem der Job von Hauke Behrmann. Seine Frau Barbara hat die Leitung des Reitbetriebes inne und ist für die Buchhaltung verantwortlich. „Mit Zahlen kann sie eindeutig besser umgehen als ich“, sagt der 37-Jährige, dem seine Eltern freigestellt hatten, ob er den Hof übernehmen wolle. Anfangs hatte der Hamburger Jung wenig Interesse. Doch das änderte sich mit der Zeit. Hauke Behrmann absolvierte eine Ausbildung zum Mechaniker und arbeitete zwei Jahre in diesem Beruf. Bis es ihn wieder auf den Hof zurückzog. „Es macht viel Spaß, wenn man es denn will“, sagt Behrmann. Er ist seinen Eltern sehr dankbar, dass sie ihm die Wahl gelassen haben. Auf anderen Höfen in der Feldmark sei das nicht üblich.

Landwirt im 21. Jahrhundert zu sein, bedeutet vor allem flexibel zu bleiben. „Man muss alles können“, erklärt der Sülldorfer. Irgendwie sei man auch Tierarzt, Psychologe, Therapeut, Medi­ator, wenn es um den Umgang mit den Pferdehaltern geht. Zudem sind mete­orologische Fähigkeiten sehr gefragt. Auch wenn die Maschinen größer, die Tiere anders, die Auflagen höher geworden sind – eins hat sich in den vergangenen Jahrhunderten nicht geändert: Es ist ein wetterabhängiger Job.

Deswegen geht Behrmanns Blick morgens als erstes aus dem Fenster. Bei schlechtem Wetter stehen zusätzlich zu den Routineaufgaben die Instandsetzung von Gebäuden oder Zäunen sowie die Reparatur der Maschinen an. Bei gutem Wetter geht es raus. In den Sommermonaten ist das Einfahren der Ernte eine wichtige und heikle Aufgabe. Ob Getreide oder Heu, das Behrmann zur Fütterung benötigt: Es darf nicht zu nass werden, sonst ist die Ernte verloren. Das erfordert Fingerspitzengefühl.

An einen großen Reinfall erinnert sich Behrmann genau. Es waren fünf Tage gutes Wetter angesagt, genug um die Ernte von 30 Hektar einzufahren. Doch nach drei Tagen schüttete es ununterbrochen. Dann fingen die gemähten Halme an zu schimmeln. Totalausfall. „Die Arbeit hatten wir trotzdem, nur die Ernte nicht“, erinnert sich der 37-Jährige. Zum Verlust kamen die Kosten, die für das Zukaufen von Futter nötig wurden. „Man darf nie das eine Jahr sehen, sondern man muss den Schnitt über mehrere Jahre betrachten. Der muss stimmen“, erklärt Behrmann.

In den vergangenen zwei Jahren traf es die Landwirte hart. Das Wetter war zu unbeständig. „Was wir dann machen, nennt sich Futterklauen.“ Das bedeutet laut Behrmann, dass man kurze Intervalle nutzt, rausfährt und kleine Teile aberntet. Eine mühselige Arbeit. Und: Aufgrund der Zunahme der Ausgleichsflächen, welche die Stadt Hamburg für Bauprojekte an anderer Stelle in der Feldmark auszeichnet, werden die Zeitfenster kleiner, in denen die Landwirte ernten dürfen.

Um 6 Uhr beginnt sein Arbeitstag mit dem Füttern der Pferde. Anschließend genießt er den Vorteil, dass drei Generationen auf einem Hof leben. Es wird gemeinsam gefrühstückt. Bis 21 Uhr kann ein Arbeitstag gehen, den Behrmann oft in der Maschinenhalle ausklingen lässt. Das Reparieren und Umbauen von Maschinen, er hat an die 20 Stück, ist sein Hobby. Das Einzige, was er und seine Frau sich sonst immer gönnen, ist der wöchentliche Besuch im Wedeler Tanzstudio. „Ein Arbeitstag endet, wenn die Arbeit getan ist“, erklärt Behrmann. Wenn nachts ein Pferd eine akute Kolik habe, beginne die Arbeit eben dann. Dabei stört den jungen Landwirt vor allem eins: „Ich habe zu wenig Zeit für meine Kinder.“ Bislang interessieren die sich nicht für die Landwirtschaft, aber das hat bei ihrem Vater ja auch erst spät eingesetzt. Somit besteht also noch Hoffnung, dass sich ein Nachfolger findet, der den Geesthof in der 15. Generation weiterführt.