nienstedten. Der Publizist und Moderator war anlässlich des Holocaust-Gedenktags zu Gast bei der Führungsakademie der Bundeswehr

Er geht nie den bequemen Weg, scheut keine Konfrontation. Er polarisiert und ist umstritten, doch selbst seine Gegner müssen zugeben: Der Publizist und Moderator Michel Friedmann kann jedes Publikum in seinen Bann ziehen und dabei gleichermaßen informativ und unterhaltend sein. So auch in der Führungsakademie der Bundeswehr (FüAk), wo der auffallend dünn gewordene Friedmann anlässlich des Holocaust-Gedenktags an einem Podiumsgespräch teilnahm.

Friedmann breitete seine Ausführungen unter der Fragestellung aus, wann die Ermordung von Juden genau begonnen habe und wann es an der Zeit sei, gegen Unrecht einzuschreiten. Sein wohl provokantester Satz an das Auditorium: „Wenn in Deutschland wieder einmal Synagogen brennen, was Gott ja verhüten möge, dann erklären Sie bitte nicht ihre Solidarität mit den Opfern, sondern fühlen Sie sich bitte angegriffen. Persönlich angegriffen.“

In diesem Zusammenhang warnte er immer wieder vor der zunehmend erstarkenden AfD. Aktuell würden „zivilisatorische Prinzipien Stück für Stück abgenagt“, es vollziehe sich die „Pulverisierung der Parteiensysteme“. Die AfD im Bundestag bedeute „eine bundesrepublikanische Zeitenwende“. Den in der Diskussion gefallenen Satz „wehret den Anfängen“ wies Friedmann überraschend klar zurück. Wiederum mit Blick auf die AfD sagte er: „Ich verwahre mich gegen diesen Satz, denn wir stehen gar nicht mehr in einer Phase des Anfangs. Wer jetzt immer noch ,wehret den Anfängen‘ sagt, entlastet sich und verharmlost.“

Zuvor hatte der FüAk-Kommandeur, Admiral Carsten Stawitzki, davor gewarnt, Erinnerung zu einer lästigen Pflicht werden zu lassen – sie dürfe auch kein bloßes Ritual sein. Es müsse vielmehr gelingen, „das Unfassbare fassbar zu machen“. Der Umgang mit der Geschichte besitze in der Führungsaka­demie traditionell eine besondere Relevanz. Direkt an die rund 300 Zuhörer gewandt, ergänzte Friedmann später, dass jeder gefallene Soldat „Gedenken und Trauer“ verdiene. Wahr sei aber auch: „Ohne die Wehrmacht wären Deportationen und Vernichtung niemals so weit gekommen.“

Am Ende der anderthalbstündigen Veranstaltung wollte Friedmann sein Publikum offenbar nicht völlig beklommen zurücklassen. Überraschend locker erklärte er in seinem Schlusswort Folgendes: „Nun halten Sie mich bitte nicht für depressiv oder traurig. Es ist eben an der Zeit, wieder sehr engagiert zu sein.“