Eine aktuelle Europa-Umfrage belegt das Interesse der Bürger am politischen Geschehen in der Staatengemeinschaft

Staatsschuldenkrise, Zuwanderung, Brexit: Europa erlebt turbulente Zeiten. Am meisten Sorgen vor einem Auseinanderbrechen der EU hat der erklärte Ausstieg Großbritanniens verursacht. Wenn auch das letzte Wort in dieser Sache noch nicht gesprochen ist und EU-Ratspräsident Donald Tusk ausdrücklich betonte, dass die Herzen der Europäer immer noch offen seien: Der Auszug Großbritanniens aus dem gemeinsamen europäischen Haus ist kaum noch zu verhindern.


Frauen sind weniger optimistisch

So problematisch der Brexit ist, er hat auch etwas Gutes. „Die Zustimmung der verbliebenen Staaten zur EU hat zuletzt wieder zugenommen“, sagt Peter Matuschek, Leiter Politik- und Sozialforschung beim Meinungsforschungsinstitut Forsa. Mit großer Mehrheit unterstützen die Deutschen weiterhin die europäische Idee. Eine Umfrage von Juni 2016 – also unmittelbar nach dem Brexit-Votum – ergab, dass 82 Prozent der Bundesbürger bei einer Volksabstimmung für einen Verbleib Deutschlands in der EU stimmen würden. Mehr als die Hälfte ist außerdem der Ansicht, dass Deutschland durch sein Engagement für Europa und die Mitgliedschaft in der Europäischen Union unter dem Strich mehr Vor- als Nachteile hat.

Auch die Stimmungslage in Hamburg haben Matuschek und sein Team jetzt untersucht. Im Auftrag der ZEIT-Stiftung befragte Forsa 452 Bürgerinnen und Bürger in Hamburg ab 14 Jahren zu ihrer Meinung über die Zukunft Europas. Das Ergebnis: Knapp jeder zweite Hamburger (47 Prozent) ist besorgt. Vor allem Frauen blicken weniger optimistisch (53 Prozent) in die Zukunft Europas. Bei Männern sind es mit 40 Prozent deutlich weniger. Weitere Erkenntnis: Je jünger die Befragten sind, desto zuversichtlicher sind sie.

Drei von vier Hamburgern (77 Prozent) bekunden der Befragung zufolge ein starkes Interesse am politischen Geschehen in Europa und insbesondere der EU – und jeder Fünfte (21 Prozent) sogar ein sehr starkes. Von Politikverdrossenheit also keine Spur: „Die besondere Situation in Europa führt dazu, dass die Hamburger das Geschehen in den Nachbarländern aufmerksam verfolgen. Diesen Trend stellen wir aktuell auch in anderen Bundesländern fest“, sagt Matuschek. Männer sind dabei interessierter als Frauen, Befragte mit Abitur oder Studium mehr als Bürger mit niedrigerem oder keinem Abschluss. Große Einigkeit herrscht bei der Frage, ob Deutschland von der EU-Mitgliedschaft profitiert. 86 Prozent stimmen dieser Aussage zu, nur 13 Prozent sehen das anders. Auch hier fällt das Urteil der Männer positiver aus als das der Frauen.

„2018 wird für die EU entscheidend werden“, sagt Elmar Brook (CDU), der zuletzt Vorsitzender des Ausschusses für Auswärtige Angelegenheiten des Europäischen Parlaments war. Die Hamburger verfolgen die Entwicklung zur Zukunft Europas mit gemischten Gefühlen. Optimisten und Pessimisten halten sich die Waage.