Manch einer träumt den Traum eines sorgenfreien Lebens auf immer vergeblich. Mögen die Vorsätze noch so gut gemeint sein, am Ende zerbricht die auf kriminellem Untergrund errichtete Hoffnung schicksalhaft. Wie für Ricky (Moritz Bleibtreu), der gerade aus dem Knast entlassen wurde und von einem friedlichen Leben als Barbesitzer auf den Balearen träumt. Dafür braucht er Geld, doch die einzige Lösung, so scheint es, ist ein neuerlicher Raubüberfall.

Mit seinem Gangsterfilm „Nur Gott kann mich richten“ hat der Hamburger Regisseur Özgür Yildirim („Chico“) ein gnadenloses Stück Genre-Kino geschaffen, das mit einer geradlinigen Story, erzählerischem Tempo und kompromissloser Milieuzeichnung überzeugt. In der düsteren Unterwelt von Frankfurt am Main zwischen Bruchbuden, Drogenhöhlen und Rotlichtbars lässt er seine mit kantigem Strich charakterisierten Figuren am Rande der Gesellschaft zu rüdem Gangsta-Rap-Soundtrack aufeinandertreffen. Und kann sich dabei auf ein großartiges Schauspieler-Ensemble verlassen.

Fünf Jahre zuvor hatte Ricky mit seinem aufbrausenden kleinen Bruder Rafael (Edin Hasanovic) und dem so väterlichen wie kriminellen Kumpel Latif (Kida Khodr Ramadan, „4 Blocks“) versucht, einen russischen Gangster auszurauben. Alles ging schief, Ricky ging für Bruder und Freund in den Knast. Nun ist er wieder frei, versucht sich um seinen alkoholkranken Vater (Peter Simonischek) zu kümmern und sucht Hilfe bei Latif. Der ist ihm ja noch was schuldig.Latif hat immer noch keine Kohle, dafür einen totsicheren Tipp, um schnell an Geld zu kommen.

Alles scheint ganz einfach. Ricky und Latif sollen für eine albanische Bande einen Überfall fingieren und ihr zum Schein zweieinhalb Kilo Heroin abnehmen. Auch der kleine Bruder ist, wenn auch widerwillig, wieder im Boot. Doch geht auch dieser Job gründlich daneben. Die Drogen sind weg. Und die Albaner hinter ihnen her.

Und da ist auch noch die glücklose Polizistin und alleinerziehende Mutter Diana (Birgit Minichmayr). Sie hat das Heroin gefunden und eingesackt. Ihre kleine Tochter benötigt dringend eine Herzoperation. Eine Ärztin macht ihr unverblümt klar, dass die Organspende für eine stattliche Euro-Summe erheblich beschleunigt werden könnte. Nun versucht Diana, das Heroin ziemlich amateurhaft selbst zu verkaufen. Allerdings ausgerechnet an die, denen sie es zuvor abgenommen hat.

Regisseur Yildirim bietet vor dem Hintergrund eines Sozialdramas exzellentes Actionkino mit ausgefeilten Kampfszenen und schonungsloser Direktheit. Das gilt auch für die derben Dialoge im zeitgemäßen Gossenjargon. Wobei er es versteht, trittsicher auf dem schmalen Grat zwischen Gefühl und Härte zu balancieren. Hier geht es um Schuld und Sühne, Auge um Auge. Der Traum vom sorgenfreien Leben bleibt eine einzige Illusion.

„Nur Gott kann mich richten“ D 2018, 100 Minuten, ab 16 Jahren, R: Özgür Yildirim, Darsteller: Moritz Bleibtreu, Birgit Minichmayr, Kida Khodr Ramadan, Edin Hasanovic, Peter Simonischek, täglich im Cinemaxx Dammtor, UCI Othmarschen/Wandsbek