Die Lessingtage vom 19. Januar bis zum 4. Februar bieten aufregende Gastspiele im Thalia

Künstler leben risikoreich in diesen Tagen, in denen Staaten, die sich demokratisch nennen, gelegentlich darüber bestimmen, was Kunst ist und was nicht. Das Thalia-Festival „Um alles in der Welt – Lessingtage“, das sich seit 2010 den aufklärerischen Ideen des Hamburger Dichters Gotthold Ephraim Lessing verschrieben hat, rückt da ein dringliches Thema in den Vordergrund: Demokratie in Gefahr.

Das Programm des Festivals, das vom 19. Januar bis 4. Februar vornehmlich im Thalia Theater und im Thalia in der Gaußstraße über die Bühne geht, ist mit großen Namen gespickt, einige Veranstaltungen sind bereits ausverkauft. Zahlreiche Eigenproduktionen und internationale Gastspiele lohnen, entdeckt zu werden.

Mit einer großen Eigenproduktion startet das Festival nach der ausverkauften Eröffnungsrede des im deutschen Exil lebenden türkischen Journalisten Can Dündar. Antú Romero Nunes inszeniert „Michael Kohlhaas“ (21.1., 19 Uhr, Thalia Theater) nach Heinrich von Kleist. Der Pferdehändler Michael Kohlhaas, der einen Passierschein lösen und zwei Pferde zurücklassen soll, bei der Rückkehr aber die Tiere halb verhungert vorfindet, begehrt Rache nehmend gegen die Grenze und deren Hüter auf.

Die Inszenierungen werfenSchlaglichter auf den Zustand Europas

Aus Ungarn und Polen kommen zupackende Regisseure. Marta Górnicka bringt mit „Hymne an die Liebe“ (21.1., 17 und 20 Uhr, Thalia Gaußstraße) einen kraftvollen Abend des von ihr geprägten und live dirigierten chorischen Theaters mit. Ein vielfältiges Ensemble singt, schreit, flüstert und spielt Szenen aus aktueller Politik, Hassreden, aber auch Pop-Liedern, Hymnen und Märchen.

Der ungarische Regisseur Kornél Mundruczó wiederum spielt in seinem auf Festivals gefeierten Werk „Imitation Of Life“ (30.1., 19.30 Uhr, Thalia-Theater) den exemplarischen Fall eines an den Rändern radikalisierten Europa durch. Ein junger Mann traktiert einen anderen mit einem Schwert. Beide sind Roma, wie sich herausstellt, nur dass der eine seine Herkunft verleugnet und seine Familie verließ, um Ausgrenzung und Hass zu entfliehen. Mundruczó erzählt in seinem Stück die Hintergründe einer wahren Begebenheit.

Die gefährdete Idee des lange als gesichert geltenden Friedensgaranten Europa beschäftigt den jungen französischen Regie-Shootingstar Julien Gosselin. In der Deutschlandpremiere von „1993“ (24./25.1., jew. 19.30 Uhr, Thalia Theater) erzählt er in einem gemeinsam mit dem Autor Aurélien Bellanger entwickelten Text von der heutigen Jugend, von Menschen in ihren 20ern. Der Eintritt für alle in den 1990er-Jahren geborenen Besucher beträgt hier nur 9 Euro.

Das Festival endet – abgesehen von der „Orestie“-Vorstellung (4.2., 19 Uhr) – im Thalia wie immer mit der prominent besetzten „Lange Nacht der Weltreligionen“, am 3. Februar (19 Uhr), diesmal auch mit der Berliner Menschenrechts­aktivistin und Anwältin Seyran Ates. Thema: „Glauben und Demokratie“. Aufklärerische Gedanken sind gefragt in diesen Tagen. Lessing ist aktuell wie nie.

„Um alles in der Welt – Lessingtage 2018“
Fr 19.1–So 4.2., Thalia Theater, Thalia in der Gaußstraße u. weitere Spielstätten, Karten unter
T. 32 81 44 44; www.thalia-theater.de/lessingtage