Cambridge.

Forscher haben ein Trägersystem für HIV-Medikamente entwickelt, bei dem Patienten nur noch eine Pille pro Woche nehmen müssen. Die mit drei antiviralen Wirkstoffen beladene Kapsel bleibt sieben Tage im Magen und gibt die Arzneien nach und nach ab, bevor sie verdaut wird.

In einer Machbarkeitsstudie testeten die Forscher um Ameya Kirtane vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Cambridge die Erfindung an Schweinen. Das neue Einnahme-Schema könne die Therapietreue erhöhen und langfristig Hunderttausende HIV-Infektionen verhindern, schreiben sie im Fachblatt „Nature Communications“.

Bei der antiretroviralen Therapie (ART) nehmen Patienten täglich drei Wirkstoffe, die die HIV-Last im Blut unter die Nachweisgrenze drücken. Seit einigen Jahren gibt es dafür eine einzelne Pille, die die Substanzen kombiniert. Inzwischen prüfen einige Projekte injizierbare Wirkstoff-Kombinationen, die mehrere Wochen vorhalten.

Nun stellen die Forscher nach eigenen Angaben das erste System mit oraler Anwendung vor. Sie kombinierten die Wirkstoffe Dolutegravir, Rilpivirin und Cabotegravir in einer Kunststoff-Kapsel, die sich im Magen zu einem Stern mit sechs Armen entfaltet. Diese Struktur ist zu groß, um aus dem Magen durch den Pförtner in den Darm zu gelangen. Sieben Tage lang gibt jeder Arm seinen Wirkstoff in unterschiedlicher Rate ab, erst danach löst sich die Kapsel auf und wird über den Darm ausgeschieden.

Tests an Schweinen, deren Verdauungstrakt dem des Menschen ähnelt, zeigten, dass das Blut der Tiere die Substanzen eine Woche lang in recht konstanten Konzentrationen enthielt. „Das ist, als ob man eine Pillenschachtel in eine Kapsel packt“, wird Studienleiter Giovanni Traverso in einer MIT-Mitteilung zitiert.

Eine wöchentliche Einnahme könnte die Therapietreue, die derzeit bei etwa 70 Prozent liege, auf über 80 Prozent steigern, schreibt das Team. Zudem könne das System bei Menschen, die besonders infektionsgefährdet sind, vor sexuellen Kontakten auch zur Prophylaxe dienen – da die Therapie die Gefahr einer Ansteckung deutlich verringert. Die Forscher berechnen, dass ein solches Präparat allein in Südafrika binnen 20 Jahren zwischen 200.000 und 800.000 HIV-Infektionen verhindern könnte.

Im Jahr 2015 infizierten sich weltweit 21 Millionen Menschen mit HIV, 1,2 Millionen Menschen starben an den Folgen der Infektion.