Wie eine Dreieinigkeit stehen sie da, die Drei Zinnen in den Dolomiten. Es ist wohl kein Zufall, dass der Bergurlaub gerade hierher führt. Bei dem achtjährigen Tristan (Arian Montgomery) jedenfalls kommt die Botschaft an: „Drei Berge“, stellt er fest, „Vater, Mutter, Sohn“.

Tatsächlich ist „Drei Zinnen“ genau das: ein Familienspiel. Nur ist die Kon­stellation nicht ganz so eindeutig. Tristans Mutter Léa (Bérénice Bejo) ist Französin, sein Vater Brite und Aaron (Alexander Fehling), für den Léa ihren Mann verließ, Deutscher. Drei Elternfiguren, drei Sprachen, zwischen denen der Bub hin- und hergerissen ist.

Aaron unternimmt mit Tristan eine Bergbesteigung – von Mann zu Mann

Damit die neue Familie wirklich zusammenfindet, hat Aaron einen Urlaub in einer abgeschiedenen Berghütte geplant. Das klappt anfangs ganz gut. Einmal sagt Tristan zu Aaron sogar „Vater“, was diesen, der unbedingt Kinder haben will, elektrisiert. Aber da ist eben immer auch der leibliche Vater, der ständig übers Handy in die fragile Idylle hineinklingelt. Und die Aussicht, dass die Mutter ein Schwesterchen erwartet und er bald nicht mehr das einzige Kind sein wird, treibt Tristan zu verstörenden Reaktionen.

Aaron beschließt, allein mit Tristan die "Drei Zinnen" zu besteigen. Eine Unternehmung nur von Mann zu Mann quasi. Aber dann kippt die Stimmung zwischen ihnen, dann zieht auch noch ein Sturm auf. Und was als romantischer Bergausflug begann, wird zu einem veritablen Überlebenskampf.

„Drei Zinnen“ ist ein irritierendes Drama über Patchwork-Familien. Thematisch ist Regisseur Jan Zabeil nicht ganz unbelastet, wie er gesteht, weil er von Kindesbeinen an in einer ähnlichen Konstellation aufgewachsen ist – auch wenn daraus am Ende ein ganz anderer Film geworden ist. Es ist nicht das erste Mal, dass der Regisseur seinen Hauptdarsteller dabei in einen Überlebenskampf schickt. In „Der Fluss war einst ein Mensch“ (2011) trieb Fehling allein durch die afrikanische Wildnis, jetzt treibt ihn Zabeil auf die Spitze.

Der Film setzt weniger auf Dialoge als vielmehr auf Unausgesprochenes

Von Anfang an wirkt die kleine, enge Hütte und das intime Kammerspiel zwischen den drei Figuren in starkem Kon­trast zu den grandiosen Weiten und Panoramabildern der Berge. Dabei setzt Zabeil weniger auf Dialoge als vielmehr auf Unausgesprochenes, auf stille Momente und kleine, aussagestarke Gesten.

Das ständige Handyklingeln des abwesenden Vaters etwa. Oder die Säge, die Tristan nach Holzarbeiten nicht neben den Baumstamm legt, sondern voller böser Absicht auf den Unterarm von Aaron.

Und nichts ist hier dem Zufall überlassen, jede Szene ist genau komponiert und oft eine Spiegelung oder Umkehrung einer früheren Situation. Anfangs etwa bringt Aaron, noch im Tal, Tristan das Schwimmen in einem Pool bei. Am Ende landen beide in einem Bergsee und drohen im eisigen Wasser unterzugehen.

Bei aller Stärke in diesem irritierenden Spannungsverhältnis zwischen Mann und Kind wird allerdings ein Drama ganz vernachlässigt – dass der Mutter, die in der Hütte auf ihre Jungs wartet und zunehmend in Panik gerät.

„Drei Zinnen“ D/IT 2017, 94 Min., ab 12 Jahren, Regie: Jan Zabeil, Darsteller: Alexander Fehling, Bérénice Bejo, Arian Montgomery, täglich im Studio, Zeise