Berlin.

Die Polizei hat am Donnerstag neun Wohnungen und Objekte mutmaßlicher Islamisten in Berlin und Sachsen-Anhalt durchsucht. Bei der Razzia wurden Verdächtige von Beamten eines Spezialeinsatzkommandos (SEK) festgenommen. Dabei kamen 130 Polizisten zum Einsatz. Konkrete Anschlagsplanungen lagen nicht vor. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) sagte in Potsdam, bei den Ermittlungen gehe es um eine weitere Bekanntschaft im Umfeld des Attentäters vom Berliner Weihnachtsmarkt, Anis Amri.

Hintergrund sind Ermittlungen der Generalstaatsanwaltschaft gegen vier Beschuldigte im Alter von 18 bis 21 Jahren. Sie stehen im Verdacht, Mitglieder der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) zu sein oder den Versuch unternommen zu haben, in die IS-Kampfgebiete auszureisen. Dies kann als Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat gewertet werden. Drei Beschuldigte sollen sich immer noch im ehemaligen Herrschaftsgebiet des IS aufhalten.

Betroffen von der Aktion war nach Informationen der Berliner Morgenpost aus dem Umfeld der Sicherheitsbehörden auch der 19 Jahre alte Walid S.: Der deutsche Staatsbürger kannte Amri seit Ende 2015 aus der Fussilet-Moschee in dem Berliner Stadtteil Moabit. Die Gebetsstätte wurde im Februar dieses Jahres geschlossen und galt als einer der wichtigsten Berliner Treffpunkte für IS-Anhänger.

Walid S. informierte die Behörden im Januar dieses Jahres in einer polizeilichen Vernehmung zur Aufklärung des Breitscheidplatz-Anschlages über seine Bekanntschaft mit Amri. Dabei räumte er ein, mit Amri noch am Tag des Anschlags, dem 19. Dezember 2016, an einem Dönerladen verabredet gewesen zu sein. Amri habe mit ihm aber nicht über seine Anschlagspläne, sondern nur über „Persönliches“ gesprochen. Wenige Stunden nach dem Anschlag wurde Walid S. von Polizisten am Breitscheidplatz angetroffen. In der Vernehmung versicherte er jedoch, von dem Terrorakt nur über die Medien erfahren zu haben.

Kontakt zu Amri hielt auch Abed El-Rahman W.: Der 18-jährige Berliner soll zwei Mitstreiter, die mutmaßlich nach Syrien wollten, zum Flughafen gefahren haben. W. gilt daher als Beschuldigter. Wie Walid S. wurde auch W. nach dem Breitscheidplatz-Anschlag als Zeuge vernommen, weil auch er Amri aus der Fussilet-Moschee kannte.

Amri soll Anschlag bereits bei seiner Einreise geplant haben

Wie die „Berliner Zeitung“ berichtet, hat Anis Amri den Anschlag auf den Weihnachtsmarkt bereits bei seiner Einreise nach Deutschland geplant. Das gehe aus Ermittlungsakten hervor. Seinerzeit habe ihn ein Islamist begleitet, den Behörden der Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) zugerechnet hätten. Von Beginn an habe Amri in direktem Kontakt zu IS-Terroristen in Libyen gestanden und direkte Instruktionen erhalten. Bereits im Dezember 2015 habe sich der Tunesier im Internet darüber informiert, wie er Menschen töten könnte. Die der Zeitung vorliegenden Ermittlungsakten offenbarten Fahndungspannen, Behördenversagen und Widersprüche, heißt es in dem Bericht.