Hamburg. Fragestunde nach gut einem Jahr wieder abgeschafft. SPD klagt: Opposition wollte Politiker „vorführen“

Der Rahmen war feierlich, und die Stimmung entsprechend: Am 13. Oktober 2016, dem 70. Jahrestag der ersten Bürgerschaftswahl nach dem Zweiten Weltkrieg, beschloss das Landesparlament eine Reform in eigener Sache. Zentrales Element der Neuerungen war die Einführung einer Senatsfragestunde. Pro Sitzung können zwei Fraktionen je eine Frage direkt an einen Senator richten, eine Nachfrage aus jeder Fraktion ist möglich. Jetzt, gut ein Jahr später, ist das Instrument zur Informationsgewinnung im Dialog ziemlich sang- und klanglos wieder abgeschafft worden.

Der Verfassungsausschuss der Bürgerschaft hat einstimmig empfohlen, die Senatsfragestunde mit Beginn des neuen Jahres nicht mehr stattfinden zu lassen. Die Probephase sollte eigentlich noch bis Ende März 2018 laufen. Die Bürgerschaft wird voraussichtlich am 20. Dezember das endgültige Aus beschließen.

Die unmittelbare Ursache für das Scheitern liegt darin, dass sich die Abgeordneten der sechs Fraktionen nicht auf eine Änderung der Modalitäten der Fragestunde einigen konnten. Bislang mussten die Fragen zwei Tage vor Beginn der Sitzung schriftlich eingereicht werden, sodass die Senatsmitglieder ihre Antwort vorbereiten konnten. Viele Senatoren lasen ihre Antwort im Plenum dann schlicht ab.

Dieses starre Schema stieß zumindest bei der Opposition auf Kritik, weil die Fragestunde so nicht zur Belebung des Ablaufs der Sitzungen beitrug. „Die Fragestunde ist eine große Baustelle. Die jetzige Praxis stößt bei uns auf großen Unmut“, sagte CDU-Fraktionschef André Trepoll im Oktober. Der CDU-Politiker schlug vor, nur noch ein Thema anzugeben, statt konkrete Fragen zu stellen. Außerdem sollten unbegrenzt Nachfragen auch des Fragestellers möglich sein, um so eine Art Kreuzverhör zu schaffen.

Laut SPD-Fraktionschef Andreas Dressel lehnt die rot-grüne Koalitionsmehrheit den Vorschlag ab, nur noch einen Themenbereich vorab anzugeben. „Bei der Zahl der Nachfragen wären wir gesprächsbereit gewesen. Aber es ist vermutlich nachvollziehbar, dass Regierungsfraktionen es nicht gut finden, wenn Senatsmitglieder vorgeführt werden sollen“, sagte Dressel, der auch die von der CDU vorgeschlagene Verlegung der Fragestunde vom Ende an den Anfang der Sitzung ablehnt.

„Es ist doch ein Armutszeugnis, dass alle Fragen bisher vorher eingereicht werden müssen. So ein Vorgehen wäre in Interviewsituationen unvorstellbar“, sagte Trepoll. Nachdem es für eine Änderung des Formats keine Mehrheit gab, sprachen sich FDP, Linke und AfD dafür aus, die Fragestunde ganz abzuschaffen. „Die Senatsbefragung sollte in erster Linie den Oppositionsfraktionen einen Schlagabtausch mit dem Senat ermöglichen. Sie wurde aber fast ausschließlich zur Klärung von Sachfragen genutzt“, sagte Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit (SPD).

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