Berlin.

Alle Jahre wieder träumen wir von weißen Weihnachten. Die schnöde Statistik entzaubert den Mythos allerdings gewaltig: In vielen Regionen Deutschlands gebe es höchstens alle fünf bis zehn Jahre mal Schnee zum Fest, sagt Diplom-Meteorologe Andreas Friedrich vom Deutschen Wetter-Dienst (DWD). Häufig gebe es gerade um Weihnachten herum sogar Tauwetter.

Die Experten sprechen von weißer Weihnacht, wenn an allen drei Festtagen morgens um sieben Uhr eine Schneedecke von mindestens einem Zentimeter liegt – ob frisch oder Schmuddelschnee aus den Tagen zuvor, spielt dabei keine Rolle. Die Analyse der Daten aller DWD-Wetterstationen aus den letzten 50 Jahren zeigte: Nur auf der Zugspitze gibt es immer Schnee an den Feiertagen. „Auf Helgoland können die Menschen das im Mittel nur alle 50 Jahre erwarten“, sagt Friedrich.

Wie lautet das Rezept für weiße Weihnachten? „Schnee muss schon gefallen sein oder fallen, die Temperaturen müssen unter dem Gefrierpunkt liegen und der Boden muss gefroren sein“, sagt Friedrich. Seltsamerweise scheint diese Anleitung allerdings gerade an Weihnachten verloren zu gehen – Experten sprechen von einer sogenannten Singularität. „Das sind Wetterphänomene, die gehäuft jeweils zu einer bestimmten Zeit im Jahr auftreten“, erklärt Friedrich. Die Eisheiligen im Mai gehörten dazu, die Schafskälte im Juni sowie der Altweibersommer, eine warme, sonnige Phase im Spätsommer.

Ganz früher war tatsächlich mehr Schnee zu erwarten. Im 17. und 18. Jahrhundert gab es weiße Weihnachten im Zuge der Kleinen Eiszeit wohl häufiger. Wenn aber Oma und Opa von den weißen Wintern ihrer Kindheit schwärmen, werden sie von einer verzerrten Erinnerung genarrt. „In den letzten 200 Jahren sind die Winter immer ungefähr so gewesen wie jetzt.“

Die Schweizer Klimaforscherin Martine Rebetez sah in einer vor Jahren vorgestellten Analyse einen Zusammenhang mit europäischer Folklore von der Mitte des 19. Jahrhunderts an. Die womöglich erste Weihnachtskarte, gedruckt 1843 in London, zeigt keinen Schnee, sondern ein zeitloses Motiv mit herbstlichen Motiven wie Weintrauben. Auf einer anderen Karte von 1845 klettert der Weihnachtsmann über schneefreie Dächer. Einige Jahre später hingegen gehören große Mengen Schnee dazu, wie Rebetez schrieb. Einfluss hatte demnach auch die neue Mode, sich im Winter in die verschneiten Berge zu begeben. Als weiteren Faktor führt die Wissenschaftlerin deutsch- und englischstämmige Auswanderer an, die ihren Lieben in Europa Weihnachtskarten mit Motiven aus tief verschneiten Regionen US-Amerikas schickten.