Washington.

Bel Air heißt so, weil die Luft dort meist angenehm frisch ist. Eben das Gegenteil vom abgasverseuchten Smog in den tiefer liegenden Gegenden des Großraums Los Angeles.

Wer gestern im Nobelviertel der Reichen und Schönen aus den Panoramafenstern Richtung Pazifik schaute, hatte nur die Wahl zwischen dunklen Wolkenschwaden und Feuerwalzen, wie sie in Hollywood am Computer fabriziert werden. Nur, diesmal waren sie echt.

Nach den katastrophalen Bränden, die im Frühherbst in den Weinanbaugebieten im Norden des Bundesstaates fast 10.000 Häuser zerstörten und rund 50 Menschenleben forderten, hat Kalifornien seit Wochenbeginn erneut mit unzähmbarer Naturgewalt zu kämpfen.

50.000 Menschen haben ihre Häuser verlassen. 1200 Feuerwehrleute sind im Einsatz. Zwischen Carpenteria und Santa Monica ist eine Fläche von rund 250 Quadratkilometern verkohltes Terrain. Hunderte Häuser sind bereits abgebrannt. „Zum Glück gibt es bisher keine Toten“, berichtete Eric Garcetti, der Bürgermeister von Los Angeles.

Weingut von Milliardär Murdoch in Flammen

Wieder einmal erweisen sich die von Mythen umrankten Santa-Ana-Winde als Brandbeschleuniger, den man sich „wie einen Föhn vorstellen muss, der in Sturmstärke weht“, schreibt die „Los Angeles Times“. Die im Volksmund Teufelswinde genannten Wetterphänomene entstehen in den Herbst- und Wintermonaten. Böen, wie sie seit Montag wehen, erreichen Geschwindigkeiten über 100 km/h. Die Canyons in der Region übernehmen dann die Funktion eines gigantischen Ofenrohrs.

Obwohl auch in anderen Teilen des Staates Brände wüten und Gouverneur Jerry Brown umfassende Evakuierungen angeordnet hat, konzentriert sich das öffentliche Interesse auf die Promi-Viertel um Bel Air, wo Stars aus Pop und Film wie Jennifer Lopez, Beyoncé und Gwyneth Paltrow teure Anwesen besitzen.

Zu den „Opfern“ des Feuers gehört der Medienmilliardär Rupert Murdoch. Sein Weingut Moraga stand teilweise in Flammen. Auch das deutsche Boulevard-Unikum Frederic Prinz von Anhalt, nach dem Tod seiner Frau Zsa Zsa Gabor Witwer, stellt sich auf einen schnellen Abzug aus seiner Villa ein. „Ich habe wichtige Unterlagen, zwei Gemälde meiner Frau und ihre Urne ins Auto gepackt“, sagte der 74-Jährige. Sänger Lionel Richie twitterte, er helfe seiner Familie dabei, einen „sichereren Ort“ zu finden. TV-Star Kim Kardashian dankte den Feuerwehrleuten für ihren Einsatz.

Über dem Stadtteil kreisten gestern stundenlang Löschhubschrauber, um ein Übergreifen der Flammen zu verhindern. Um ein Haar hätte die Feuersbrunst auch einen Touristenmagneten eingeschmolzen. Das auf den Hügeln thronende Getty Center, ein weltbekanntes Kunstmuseum, musste von den Einsatzkräften gesondert geschützt werden. Im Zuge der Löschaktionen mussten diverse Abschnitte der Interstate 405, Amerikas meistbefahrene Autobahn, gesperrt werden.

Für Ken Pimlott, Chef der kalifornischen Wald- und Brandschutzbehörde, ist das Drama der Feuer Schlusspunkt eines verheerenden Jahres: 6700 Brände – 2000 mehr als 2016. 2300 Quadratkilometer Fläche betroffen – 1200 mehr als 2016.

Lokale Fernsehsender zeigten gestern ängstliche Anwohner, die auf Regen hoffen, um die Brandfront zu stoppen. Es sieht nicht danach aus. Für die kommende Tage sind Trockenheit und 28 Grad angesagt.