Hamburg. Interview: Bürgermeister will nicht GroKo-Minister werden

Über Wochen war über seine Zukunft spekuliert worden, jetzt hat Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) für Klarheit gesorgt: Er werde auch im Fall einer Neuauflage der Großen Koalition nicht als Minister nach Berlin gehen.

„Vor vier Jahren bin ich Hamburger Bürgermeister geblieben“, sagte Scholz im Abendblatt-Interview mit Blick auf die Regierungsbildung 2013 und betonte: „Meine Pläne haben sich an dieser Stelle nicht verändert.“ Auf die Frage, ob er zu seinem Wort stehe, 2020 wieder als SPD-Spitzenkandidat bei der Bürgerschaftswahl anzutreten, sagte Scholz: „Auch an diesen Vorstellungen hat sich nichts geändert. Und wie Sie sehen, habe ich auch schon politische Pläne für Hamburg in den 20er-Jahren präsentiert: neue U-Bahnen bauen, neue S-Bahnen bauen, den Sprung über die Elbe, mehr Wohnungen. Oder den Wissenschaftsstandort voranbringen und Start-ups fördern.“

Scholz hatte sich seit der verheerenden Niederlage der SPD bei der Bundestagswahl immer wieder in die Debatte um die Zukunft der Partei eingemischt – etwa mit einem viel beachteten Strategiepapier, Interviews und Talkshow-Auftritten. So war bei Beobachtern der Eindruck entstanden, der frühere Bundesarbeitsminister und stellvertretende SPD-Chef sehe seine Zukunft auf Bundesebene, etwa als Finanz- oder Außenminister einer neuen Regierung. „Ich melde mich zu Wort, weil etwas los ist in Deutschland“, rechtfertigte Scholz seine Aktivitäten und verwies auf das Wahlergebnis von September und das überraschende Scheitern der Jamaika-Sondierungen. „In dieser Situation ist es sinnvoll, sich mit Beiträgen und Vorschlägen zu melden, wie es in Deutschland besser gehen kann. Genau das tue ich.“

Gleichzeitig schob er den Spekulationen um seine Zukunft einen Riegel vor. Auch auf die Frage, ob er als Vize-parteivorsitzender einen Ruf ins Kabinett überhaupt ablehnen könne, betonte der 59-Jährige kurz und knapp: „Klar.“

Zu den Gründen, warum er trotz seiner mehrfach zumindest unterschwellig geäußerten Kritik an dem SPD-Vorsitzenden Martin Schulz nicht morgen auf dem Parteitag gegen diesen antrete, äußerte sich Scholz nur ausweichend: „Es ist schon länger verabredet, dass Martin Schulz wieder als Parteivorsitzender kandidieren wird, nachdem er eine sehr schwierige Kanzlerkandidatur für die SPD geschultert hat. Ich kandidiere erneut als Stellvertreter.“ Hamburgs Bürgermeister war zuletzt in Talkshows von Gästen dazu aufgefordert worden, das Ruder in der SPD zu übernehmen, hatte aber nicht darauf reagiert.

Die Chancen auf eine Neuauflage der Großen Koalition bewertete Scholz zurückhaltend: „Die wichtigste Frage ist doch, ob es der Kanzlerin noch gelingt, Konsense zu erzielen. Das kostet Kraft, und ich bin mir nicht mehr so sicher, ob die Kraft der Kanzlerin dafür noch reicht.“ Er vermisse bei Angela Merkel einen Plan, sagte Scholz.

Der SPD-Vize warnte aber davor, „rote Linien zu ziehen oder Bedingungen zu stellen“. Daran seien schon die Jamaika-Gespräche von Union, FDP und Grünen gescheitert. Gleichzeitig bekräftigte Scholz seine Forderung nach einer Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro pro Stunde: „Wer sein ganzes Berufsleben lang voll gearbeitet hat, darf im Alter nicht auf öffentliche Hilfe angewiesen sein – das widerspricht jedem Gerechtigkeitsgefühl.“

Seite 10 Das Scholz-Interview