In der dunklen Jahreszeit sind auch düstere Gesellen unterwegs. Was treibt sie an?

„Mehr Licht“, sollen die letzten Worte Goethes auf dem Sterbebett gewesen sein. Dabei war der Dichterfürst der Überlieferung nach schon mangels vorhandener Technik kein Radfahrer. Dennoch: Mehr Licht ist auch jenen dringend zu empfehlen, die jetzt in der dunklen Jahreszeit mit dem Fahrrad unterwegs sind. An Tagen wie diesen, wenn es bereits spätnachmittags zappenduster wird, kann die richtige Beleuchtung gar eine lebensrettende Erleuchtung sein.

Erfreulich, dass immer mehr Drahtesel-Piloten sich inzwischen korrekt verhalten, weil es ihnen wohl dämmert, dass in der Abenddämmerung Zweiradfahrer mit Lampe vorn und Rotlicht hinten besser zu erkennen sind als ohne. Doch einige düstere Gesellen ficht das nicht an. Sie sausen wie flüchtige Schatten über ohnehin oft schlecht ausgeleuchtete Rad- und Gehwege, kreuzen Kreuzungen und Einmündungen mit Vorliebe noch entgegen der Fahrtrichtung, und manche drohen mit der Faust oder dem ausgestreckten Mittelfinger, wenn andere Verkehrsteilnehmer zu Vollbremsungen gezwungen werden und entnervt Hupsignale geben.

Über die Motive dieser lichtscheuen Kamikaze-Radler, wie wilde Säue durchs Verkehrsgetümmel zu jagen, kann nur spekuliert werden. Wollen sie Strom sparen? Wohl kaum, da ein funktionierender Dynamo bekanntlich ganz dynamisch selbst elektrische Energie erzeugt. Oder sind sie unbeleuchtet unterwegs, weil sie keine Lust haben, eine durchgebrannte Birne oder ein defektes Kabel zu ersetzen? Selbst wer zwei linke Hände hat, sollte es schaffen, notfalls eine Zweiradwerkstatt anzusteuern. Bei Dunkelheit dann aber selbstverständlich getreu dem Motto „Wer sein Fahrrad liebt, der schiebt“.

Die Altersstruktur der radelnden Schwarzfahrer ist - soweit in der Dunkelheit erkennbar - bunt gemischt. „Kinder, Frauen, Männer, Greise geh’n unbeleuchtet auf die Reise“, lässt es sich reimen. Und das alles wenige Wochen vor Weihnachten, in einer Zeit, die von Lichterglanz dermaßen geprägt ist, dass sogar manche Hunde mit Leuchthalsband Gassi geführt werden. Ach ja, wer einen radelnden Lichtmuffel in der Familie hat, kann diesen vielleicht mit einem passenden Geschenk zum Nikolaustag erfreuen. Sei es nun ein Beleuchtungsset oder ein Reparaturgutschein…