Revue „Die Jungs mit dem Tüdelband“ hat am 6.12. Wiederaufnahme im St. Pauli Theater

St. Pauli, die Reeperbahn, der Spielbudenplatz – das steht für Hamburg, das steht exemplarisch für Amüsement, visuell und akustisch. Aber hinter so manchem Gassenhauer, gemeinhin auch Volkslied genannt, steckt mehr als vermutet. Manchmal sogar eine wahre persönliche Geschichte.

So verhält es sich mit dem alten Hit „An de Eck steit’n Jung mit’n Tüdelband“, der auch im Millerntor-Stadion zu (besseren) Zeiten auf der Gegengeraden vom platt- und hochdeutschen Refrain „Klaun, klaun, Äppel wüllt wi klaun, ruck zuck övern Zaun. Ein jeder aber kann das nicht, denn er muss aus Hamburg sein“, gekrönt wurde. Geschrieben haben dieses Lied und noch etwa 60 weitere Couplets vor gut 100 Jahren die Gebrüder Wolf, die eigentlich Isaac mit Nachnamen hießen und jüdischer Herkunft waren. Bereits von Mitte der 1920er-Jahre an spürten sie den aufkommenden Antisemitismus, im Nazi-Deutschland erhielten sie dann Auftrittsverbot, kamen ins KZ.

An die Musiker und Komiker aus Hamburg-Neustadt, zu ihrer Zeit so bekannt wie heute Otto Waalkes, hatte der Regisseur Ulrich Waller schon 2002 mit seiner Revue „Die Jungs mit dem Tüdelband“ erinnert. In den Kammerspielen, die Waller damals mit Ulrich Tukur leitete, sah Thomas Collien, Chef des St. Pauli Theaters, die Produktion und sagte: „Das Stück gehört doch auf den Kiez. Die Wolfs waren die eigentlichen Könige der Reeperbahn.“

2002/3 gastierten „Die Jungs mit dem Tüdelband“ zweimal auf St. Pauli

Waller, der die Revue im ehemals jüdischen Grindelviertel herausgebracht hatte, erinnert sich noch genau an jene Sätze. Und weil die Gebrüder Wolf in den 1920er-Jahre nicht nur im Operettenhaus, sondern auch im St. Pauli Theater (damals noch Ernst Drucker Theater) aufgetreten waren, gab er Collien recht: Zweimal gastierten d „Die Jungs mit dem Tüdelband“ 2002/3 im St. Pauli Theater – im Sommer 2003 stieg dann Waller fest als Künstlerischer Leiter bei Hamburgs ältester Privatbühne ein.

Dass die Revue 15 Jahre nach der Uraufführung im Grindelviertel am 6. Dezember Wiederaufnahme-Premiere im St. Pauli Theater erlebt, bezeichnet Waller „als verspätetes Geburtstagsgeschenk zur 175-Jahr-Feier“ anno 2016. „Es ist ein Geschenk an das Haus, vor allem aber ans Publikum“, sagt der Regisseur und Autor. Mit der Originalbesetzung probt er seit gut zwei Wochen in einem Raum in der ehemaligen Theaterfabrik in Barmbek. Lieder, Sketche, Döntjes.

Am Klavier sitzt als Musikalischer Leiter erneut Gerd Bellmann. Und als Gebrüder Wolf werden wie vor 15 Jahren Peter Franke, Kinogängern auch als Fußball-Bundestrainer Sepp Herberger aus „Das Wunder von Bern“ bekannt, und sein Kollege Gerhard Gabers in Hafenarbeiterkluft schlüpfen. Als Hamburger Ewerführer „Tetje“ und „Fietje“ hatten die beiden agilen Mittsiebziger schon bei der Spielzeit-Eröffnungsgala des St. Pauli Theaters im September mit Liedern wie „Dat Paddelboot“ und „Immer an der Wand lang“ Spielfreude und Sangeslust wie einst gezeigt.

Warum das auch für jüngere Zuschauer interessant sein könnte? Waller: „Das Stück hat einen hohen Nostalgie-faktor und erzählt ein fast vergessenes Kapitel der Geschichte der Reeperbahn.“ Es ist mithin gelebte Historie. Ein wichtiges Stück Hamburg.

„Die Jungs mit dem Tüdelband“ – Die Gebrüder-Wolf-Story“ WA-Premiere Mi 6.12., dann 7.– 22.12. (außer 11. + 21.12.), jeweils 19.30, St. Pauli Theater (S Reeperbahn), Spielbudenplatz 29/30, Karten zu 17,70 bis 48,- in der HA-Geschäftsstelle, Großer Burstah 18–32, T. 30 30 98 98