Mit einem Text des norwegischen Starautors Karl Ove Knausgård ist diese Ausgabe des Abendblatts in literarischer Hinsicht besonders wertvoll. Das soll künftig regelmäßig so sein – im Kulturteil drucken wir ab sofort jeden Sonnabend Auszüge aus literarischen Neuerscheinungen namhafter Autoren oder auch solcher, die es erst noch zu ent­decken gilt.

Viel zu entdecken gibt es grundsätzlich für jedes neue Erdenkind. Knausgård schrieb deshalb seine letzten vier Bücher für seine jüngste Tochter – um ihr die Welt zu erklären. Diese Tochter ist das Einzige seiner Kinder, das in seiner autobiografischen Saga „Min kamp“ nicht vorkommt. Weil sie zur Zeit der Niederschrift – die sechs Bände erschienen im norwegischen Original zwischen 2009 und 2011 – noch nicht geboren war. Auf Deutsch heißen die Bücher, in denen der heute 48 Jahre alte Knausgård sein Privatestes und nicht selten auch sein Intimstes preisgibt, „Sterben“, „Lieben“, „Spielen“ „Leben“, „Träumen“ und „Kämpfen“.

Auf knapp 4000 Seiten bilden sie das Leben des seit Längerem im süd­lichen Schweden wohnenden und von Zeit zu Zeit von Dämonen gejagten Schriftstellers ab – und das seiner Familie. Auf diese Weise entstand das faszinierende Bild eines Mannes mit all seinen Kämpfen, Schwächen und Widersprüchen. Nicht zuletzt, weil sie sich in den Texten wiedererkannten, wurden beinah überall auf der Welt Leser süchtig nach Knausgårds Büchern.

Der vielfach preisgekrönte Selbstentblößer lebt mittlerweile von seiner Frau getrennt. Die Erziehung der gemeinsamen Kinder teilen sie sich. Er führe zwei Leben, sagt Knausgård: „Eines daheim mit den Kindern und beim Schreiben“, das andere auf seinen vielen Lese-Reisen.

Seite 26 Brief an eine ungeborene Tochter