Berlin.

Die Gänse schreien und zappeln, versuchen mit den Flügeln zu schlagen. Doch sie sind zwischen den Beinen von Arbeitern eingeklemmt, die ihnen in Windeseile Federn von der Brust reißen. Bei einem besonders harten Ruck reißt die Haut eines Tieres ein. Schnell zückt die Rupferin Nadel und Faden und flickt die Wunde notdürftig. Mit Filmaufnahmen wie diesen will die Tierschutzorganisation Peta darauf aufmerksam machen, dass immer noch viele Vögel lebend gerupft werden, damit sich vor allem Europäer und Nordamerikaner im Winter in warme Daunenmäntel hüllen können.

Daunen sind besonders leicht und elastisch. Anders als die glatten Außenfedern können sie in ihrer fluffigen Struktur nah am Körper reichlich Luft einschließen. So lassen sie wenig Körperwärme entweichen und Gänse und Enten auch harte Winter im Freien überstehen – Puten oder Hühnern fehlt dieses Unterkleid. Gefüllt in Jacken, Schlafsäcke und Decken erfüllen Daunen für Menschen den gleichen Zweck.

Den Tieren diese Federn noch zu Lebzeiten auszureißen, ist in der EU seit 1999 verboten. „Aber beispielsweise aus Ungarn und Polen gibt es immer wieder Berichte, dass der sogenannte Lebendrupf dort noch praktiziert wird“, sagt Esther Müller vom Deutschen Tierschutzbund.

90 Prozent der Daunen stammen aus China

90 Prozent der weltweit verwendeten Daunen und Federn stammen allerdings aus Asien, hier ist Lebendrupf zugelassen. Nicht verboten ist in der EU das sogenannte Mauserraufen. „Gänse und Enten kommen regelmäßig in die sogenannte Mauser, dabei erneuert sich das Gefieder. Das kann man sich vorstellen wie bei Milchzähnen“, erklärt Müller. Dann dürfen den Tieren lose Federn aus dem Gefieder gestrichen werden. „Es passiert aber nie, dass ein Tier am ganzen Körper gleichzeitig Federn verliert oder eine ganze Herde gleichzeitig in die Mauser kommt.“

Rücke dann eine Rupfkolonne an, gebe es keine Garantie, dass nicht auch festsitzende Daunen ausgerissen werden. Dass die Tiere bei dieser meist ruppigen Praxis schon mal Knochenbrüche erleiden oder ihnen Hautfetzen abgerissen werden, sei an der Tagesordnung. Die Daunensammler können so mehrfach kassieren, statt die Federn nur einmal als Abfallprodukt aus der Fleischgewinnung verkaufen zu können. Denn eigentlich machen Federn und Daunen weniger als zehn Prozent des Wertes eines solchen Vogels aus, wie Berechnungen der gemeinnützigen Organisation Textile Exchange zeigen. Doch noch eine andere Form der Tierquälerei können unbedachte Käufer unterstützen: die Stopfleber-Mast. „Dabei hocken vor allem Enten in engen Käfigen und werden mehrmals täglich per Schlauch zwangsgefüttert, bis ihre Leber auf das Zehnfache angewachsen ist“, erklärt Müller. Diese Tiere seien zwar schon tot, wenn ihnen meist maschinell die Federn entfernt werden. „Aber durch den Kauf von Produkten mit solchen Federn wird diese grausame Haltungsform unterstützt.“

Der Textilbranche sind die Probleme bewusst, schließlich haben tierleidfreie und nachhaltige Produkte auch einen werbenden Effekt. „Dennoch können wir derzeit die meisten Modefirmen nicht explizit empfehlen“, sagt Tristan Jorde von der Verbraucherzentrale Hamburg. Obwohl viele Händler öffentlich behaupteten, dass sie keine Daunen aus Lebendrupf und Stopfmast verkaufen, fehlten Beweise und Kontrollen.

Mittelständische Unternehmen müssten sich teils auf unabhängige Zertifizierer verlassen, sagt Tanja Croonen vom Modeverband GermanFashion, der unter anderem Marken wie Hugo Boss, Esprit oder Tom Tailor vertritt. „Die großen Hersteller machen sich aber in der Regel vor Ort selbst ein Bild.“ Ein Großteil habe sich mittlerweile um Siegel bemüht, die Tierquälerei bei Daunen ausschließen. Das gelte auch für die Sportartikel- und Outdoorbranche, sagt die Geschäftsführerin des Bundesverbandes der Deutschen Sportartikel-Industrie, Nicole Espey. „Wir arbeiten schon seit fünf Jahren an dem Thema.“

Beide Verbände verweisen auf zwei große Label, die auch Tierschutzexpertin Müller für zuverlässig hält: den Global Traceable Down Standard – kurz TDS – und den Responsible Down Standard, auch RDS. Beide wurden von Outdoorherstellern mitinitiiert, TDS von Patagonia und RDS von The North Face, sind aber mittlerweile unabhängig. Sie schließen in ihren Leitlinien die Verwendung von Daunen aus Lebendrupf und Stopfmast aus, die Federn müssen über mehrere Stationen entlang der Lieferkette rückverfolgbar sein, und Lizenznehmer müssen sich Verbesserungen gegenüber offen zeigen. TDS sei noch ein wenig strenger, meint Müller, die Überwachung der Lieferkette beginne hier schon bei den Elterntieren und reiche bis zum verarbeitenden Betrieb. „Die Einhaltung der Richtlinien wird von unabhängigen Prüfstellen kontrolliert, und es gibt unangekündigte Kontrollen“, sagt Müller. Beide Siegel haben mittlerweile viele Mitglieder – so verkaufen etwa C&A, Deuter, Esprit, H&M, Levi’s, Jack Wolfskin oder Mammut und Vaude auch RDS-zertifizierte Kleidung.

Eine hundertprozentige Garantie gibt es nicht, so filmten die Tierschützer von Peta in China auch schon Lebendrupf auf einer Farm, die RDS-zertifizierte Hersteller belieferte. Aber die Label seien ein Anfang – denn trügen Produkte keine, lasse sich gar nicht nachvollziehen, aus welchen Umständen die Daunen stammten, weiß Müller. „Dort steht nur, wo die Kleidung hergestellt wurde, die Daunen können aus einem anderen Land kommen.“