Othmarschen. Besitzer in Monaco verstorben, Mutter zahlt erste Schulden ab. Sorge um das Denkmal besteht fort

Seit Jahren verfällt die Säulenvilla in der Elbchaussee 186 unaufhaltsam. Jetzt könnte sich eine überraschende Wende anbahnen – vor einem tragischen Hintergrund: Der langjährige Eigentümer Ralf Rüdiger von Behren ist vor Kurzem in Monaco verstorben. In einem Telefonat vor anderthalb Jahren hatte von Behren gegenüber dem Abendblatt angegeben, schwer nierenkrank zu sein. Eine Verabredung für ein Treffen in Hamburg hatte er ohne weitere Rückmeldung verstreichen lassen. Telefonisch war er danach nicht mehr zu erreichen.

Wie Recherchen des Abendblatts ergaben, ist seine betagte Mutter Lili, die ebenfalls in Monaco lebt, Haupterbin und damit auch neue Eignerin der denkmalgeschützten Villa von 1817. Offenbar hat die alte Dame damit begonnen, erste Forderungen von Gläubigern zu begleichen, die hundertfach bei von Behren aufgelaufen waren. Insider berichten, dass sich in einem als Büro genutzten Nebengebäude des Anwesens die Post zuletzt meterhoch gestapelt habe, darunter seien auch unzählige Einschreiben gewesen.

Zwangsversteigerung wurde wieder abgesagt

Wie Enno Isermann, Sprecher der Kulturbehörde, gegenüber dem Abendblatt jetzt mitteilte, sind die Forderungen, die das Denkmalamt an von Behren gestellt hatte, bereits beglichen. Ein vor Kurzem anberaumter Termin für eine Zwangsversteigerung wurde nach Abendblatt-Informationen kurzfristig wieder abgesagt, nachdem es positive Signale für erste Zahlungen aus Monaco gegeben hatte.

Laut Isermann bereite die neue Eigentümerin „weitere Sicherungsmaßnahmen am Objekt und auf dem Gelände vor“. Das Amt hatte, wie berichtet, in den vergangenen Monaten immer wieder Handwerker beauftragt, um den prachtvollen Bau aufwendig zu sichern. Dabei gelang es, das wertvolle Denkmal „in letzter Sekunde zu retten“, wie der Leiter des Denkmalamtes, Andreas Kellner, dem Abendblatt vor einigen Monaten sagte. Unter anderem wurden das Dach abgedichtet und lockere Fassadenteile entfernt. Außerdem mussten Fenster und Türen mit Brettern vernagelt werden, um Vandalen abzuhalten. Die Kosten für diese Zwangsmaßnahmen in Höhe von mehreren Hunderttausend Euro waren stets Ralf Rüdiger von Behren in Rechnung gestellt worden.

Doch selbst wenn Lili von Behren jetzt anfangen sollte, Gläubiger auszuzahlen und an der Elbchaussee „Sicherungsmaßnahmen“ zu finanzieren, ist die Rettung der denkmalgeschützten Villa damit nicht gewährleistet. Wie Insider berichten, hat die Eigentümerin, die nach wie vor sehr wohlhabend sein soll, nur wenig Interesse an dem Haus, will es aber auch nicht verkaufen.

Nachdem sich neben dem Denkmalamt auch der frühere Oberbaudirektor Jörn Walter sowie zahlreiche Bezirkspolitiker für den Erhalt der Villa eingesetzt hatten, meldet sich jetzt auch der stellvertretende Geschäftsführer der Hamburgischen Architektenkammer, Prof. Ullrich Schwarz, mit einem Appell zu Wort: „Wir fordern die neue Eigentümerin dringend auf, ihren Verpflichtungen nachzukommen. Die Villa ist ein architektonisches Kleinod, das unbedingt erhalten werden muss.“ Laut Schwarz gehört die Säulenvilla zu den prägnantesten Beispielen des dänischen Klassizismus in Altona. Ihr Architekt, der Däne Axel Bundsen, sei in einem Atemzug mit den bekannten Namen wie C. F. Hansen und J. A. Arens zu nennen.

Der schleichende Niedergang an der Elbchaussee 186

Die Ereignisse in Monaco sind Teil der tragischen Geschichte vom schleichenden Niedergang in der Elbchaussee 186. Die Familie von Behren hatte das unter Denkmalschutz stehende Haus Anfang der 1970er-Jahre aus dem Nachlass der Familie von Holck gekauft und aufwendig renovieren lassen. Mehr als zwei Millionen Mark soll damals allein die Instandsetzung unter den Augen des Denkmalamtes gekostet haben. Der Vater des jetzt verstorbenen Barons von Behren hatte die aus Persien stammende Lili während des Studiums kennengelernt und geheiratet, der jetzt verstorbene Ralf Rüdiger war das einzige Kind aus der Verbindung. Jahrelang führten die von Behrens an der Elbchaussee ein feudales Leben, bewohnten neben der Säulenvilla auch noch ein weiteres großes Haus, das auf dem Grundstück steht. Außer dem Hausmeisterehepaar Kolb waren mehrere Philippinos als Hauspersonal angestellt, um für das Wohl der Familie zu sorgen. Internationale Gäste, zumeist Geschäftspartner des Barons, gaben sich die Klinke in die Hand, die Baronin ließ sich von Chauffeur Kolb im Cadillac zum Einkaufen in die Innenstadt fahren.

Nach dem Tod des Seniors im Jahr 1995 ging es an der Elbchaussee stetig bergab. Die Witwe, die sich nach Einschätzung von Insidern in Hamburg nie heimisch gefühlt hatte, zog in eine Wohnung nach Monte Carlo, später folgte der Sohn dorthin. Zuletzt war in dem Haus die Immobilien- beziehungsweise Grundstücksverwaltung von Ralf Rüdiger von Behren gemeldet, doch telefonisch oder per E-Mail war dort jahrelang niemand zu erreichen. Schließlich wurde über das Anwesen die Zwangsvollstreckung verhängt. Die dringend nötige Sanierung der Villa wird nach Einschätzung von Experten immer aufwendiger und teurer. Dem mehr als 200 Jahre alten Haus steht jetzt ein weiterer Winter bevor, in dem es nicht geheizt und gelüftet wird, die nicht sehr dicken Wände sind weiterhin Wind und Feuchtigkeit ausgesetzt.

Für die Rettung der Villa ist es höchste Zeit.

Die Villa an der Elbchaussee 186, die äußerlich dem Weißen Haus in Washington ähnelt, hatte in ihrer langen Geschichte nur drei Besitzerfamilien. Erbaut wurde sie 1817 für den Kaufmann Wilhelm Brandt, der das Gelände einem Othmarscher Bauern abgekauft hatte. Brandt hatte lange in Sankt Petersburg gelebt und gearbeitet. Das mondäne Haus an der Elbchaussee soll durch ein russisches Schloss inspiriert sein.

1871 erwarb der wohlhabende Kaufmann Johann Benjamin Burchard das Anwesen, der einer der Mitbegründer der Villenkolonie Othmarschen war. Burchard starb 1897, seine Witwe erst 1928. Das Haus ging an Tochter Mathilde Gräfin Holck und vor rund 45 Jahren schließlich an die Familie von Behren.