„Josephine“ hat zwar schon mehr als 30 Jahre auf dem Buckel, aber die Ballade gehört immer noch zu den beliebtesten Songs bei den deutschen Chris-Rea-Fans. Bei vielen Konzerten des britischen Sängers und Gitarristen applaudieren seine weiblichen Fans brav bei jeder Nummer, lassen bluesige Gitarrensoli über sich ergehen, doch eigentlich warten sie auf dieses sehnsuchtsvolle Lied, in dem das Lyrische Ich seine Liebe an die Angebetete schickt. In den Gedanken an Josephine besitzen Regen, Sturm und Kälte keine Bedeutung mehr.

Diese Fans des 66 Jahre alten Künstlers werden sein gerade erschienenes aktuelles Album „Road Songs For Lovers“ lieben, denn darauf gibt es zwölf neue Songs, die Chris Rea fast ausschließlich als Balladensänger zeigen. Es ist seit langer Zeit wieder ein Mainstream-Album dieses von der Kritik oftmals unterschätzten, sehr variablen Künstlers, der zu oft eben mit „Josephine“ und seinen 80er-Jahre-Hits gleichgesetzt und in die Kategorie des Schmuserockers abgeschoben worden ist.

Bei diesen neuen ruhigen Stücken verbindet Chris Rea seine Songs mit seinem Faible für das Reisen, aber auch mit seiner Passion für den Blues. „I’m rolling down the highway“ heißt die erste Zeile im Eröffnungssong „Happy On The Road“. Rea verquickt ein typisches Blues-Motiv, die schnurgerade Straße, mit der Lust am Autofahren. „On the road“ unter einem strahlenden Himmel vergisst er alle Tränen und Sorgen und hört nur auf den Klang des Motors. „I’m happy ... happy on the road“, singt er. In diesem Lied wird eine weitere Facette von Chris Rea deutlich: Er ist auch ein großer Motorsportliebhaber.

Viele von Chris Reas Platten zieren Gemälde, die er selber gemalt hat

Und nicht nur das: Dieser exquisite Musiker versteht auch etwas von bildender Kunst. Viele seiner Plattencovers zieren Gemälde von ihm. Auch für „Road Songs For Lovers“ hat er das Cover in Form einer Collage gestaltet. Es zeigt amerikanische Motels in verlassenen Landstrichen, zerbrochene Gitarren und ein paar Konzertfotos, auf denen er die von ihm favorisierten Fender-Gitarren spielt. Bei seinen Konzerten zeigt Chris Rea immer wieder, welch ausdrucksstarker Gitarrist er ist und wie sehr er den Blues verinnerlicht hat. Dass er sich im Jahr 2002 nach großen Erfolgen als Mainstream-Rocker mit 30 Millionen verkauften Alben wieder dem Blues zuwandte, hat auch mit der Krebserkrankung zu tun, die ihn 2000 zu einer Pause zwang.

Doch Chris Rea besiegte den Bauchspeicheldrüsenkrebs und feierte mit „Dancing Down The Story Road“ sein Comeback. 2005 brachte er sogar eine ­11-CD-Box mit 137 Songs heraus. Später gründete er sein eigenes Label Jazzee Blue und drehte zum Album „Santo Spirito Santo“ zwei Filme. „Die Krankheit gab mir die Chance, das zu tun, was ich schon immer wollte. Meiner Musik konnte nichts Besseres passieren, als mich darauf zu konzentrieren, was mich wirklich interessiert.“ Musiksalisch ist das der Blues. Aber „Josephine“ hat Chris Rea immer noch im Repertoire. Er weiß, was er seinen Fans schuldig ist.

Chris Rea So 29.10., 20 Uhr, Mehr! Theater am Großmarkt, Banksstraße 28, Karten ab 82,85 Euro im Vorverkauf