Bangkok.
In dem kleinen Restaurant Pak Thai in Bangkoks Stadtteil Sapan Kwai lässt während des Frühstücks am frühen Morgen keiner der schwarz gekleideten Gäste den Fernseher aus den Augen. Er überträgt gerade Bilder eines Abschieds mit unvergleichlichem Prunk – und geschätzten Kosten von 90 Millionen Euro. Mehr als ein Jahr nach seinem Tod wird der Leichnam von Thailands geliebtem König Bhumibol eingeäschert. Die Prozession, mit der die leere Urne aus dem Großen Palast zum königlichen Krematorium gebracht wird, ist ein Spektakel nach einem uralten Ritual. Mehr als Hunderttausend Thailänder, ausnahmslos in Schwarz, dürfen die zwei Kilometer lange Strecke säumen.
13 Tonnen wiegt der vergoldete „Schlachtwagen des Sieges“ mit der mannshohen goldenen 280-Kilo-Urne. 200 Männer in farbenprächtigen Uniformen manövrieren das schwerfällige, 225 Jahre alte Gefährt in exakt vorbestimmten Schritten an langen Seilen durch die leer geräumten Straßen der Hauptstadt rund um den Königspalast.
Seasun Tanesvivat und ihre beiden Freundinnen wischen ein paar Tränen weg. „Wir fühlen einen großen Verlust“, sagt die 46-jährige Frau, „wir nehmen Abschied von unserem Vater.“
70 Jahre lang saß Rama IX, so der offizielle Titel, auf Thailands Thron. 88 Jahre wurde er alt, er war der dienstälteste Monarch der Welt. Jetzt kauern seine Anhänger an den Straßen auf dem Boden nieder und drücken ihr Gesicht in den Staub – eine Geste der Demut.
Die Leiche des am 13. Oktober 2016 verstorbenen Monarchen war in der Nacht zuvor bereits in aller Stille zum Sanam-Luang-Platz gebracht worden, dem Ort der Einäscherung. Ein Jahr lang wurde sie im Großen Palast nach allen Regeln der Kunst konserviert. Auf dem Platz steht das 50 Meter hohe und 15 Millionen Euro teure, vergoldete Krematorium, in dem Bhumibol dann am Donnerstagabend eingeäschert wurde. Das Gebäude symbolisiert Meru, den mythischen heiligen Berg, in dem laut buddhistischem Glauben die Seele des „Königs der Könige“ nach der Verbrennung ruhen wird.
Die Urne hat allerdings nur symbolische Bedeutung. Bhumibol verfügte als erster Thai-Monarch, im Sarg verbrannt zu werden – seine Anhänger sehen darin ein Zeichen von Bescheidenheit des immens reichen Regenten. Die Asche soll dann in einem Tempel am Großen Palast aufbewahrt werden.
„Er war ein großartiger König, ein brillanter Ingenieur, ein intelligenter Wissenschaftler. Ein wahrer Vater der Nation, der uneigennützig gegeben und nichts genommen“, sagt Seasun Tanesvivat und fügt hinzu, „das ist keine Übertreibung.“ Wer in Thailand weniger euphorisch über die Monarchie denkt, muss sich hüten. Die Strafen für Kritiker fallen drakonisch aus.
Geschätztes Vermögen: 35 Milliarden Euro
13 Staatsstreiche überstand Bhumibol und zahlreiche turbulente internationale Verwicklungen. Politische Macht hatte er nicht. Aber er zog hinter den Kulissen die Strippen. Es gelang ihm, das Land zu einen und die Entwicklung voranzutreiben. Er verbesserte das Los der armen Bauern. Vor allem aber galt er als moralische Instanz.
Zukünftig will sein Sohn Vajiralongkorn an der Spitze einer der reichsten königlichen Familien der Welt ebenso mächtig bleiben – geschätztes Vermögen: mehr als 35 Milliarden Euro. Der 65-Jährige begleitet den Trauerzug wie der seit 2014 herrschende Militärdiktator General Prayuth Chan-ocha. Im Ausland wird der exzentrische Nachfolger belächelt. Bisher hielt er sich am liebsten in seiner Residenz in Bayern auf
An der Trauerfeier nahmen mehr als 7000 geladene Gäste teil, darunter viele Angehörige anderer Königshäuser wie Königin Silvia aus Schweden oder Prinz Andrew aus Großbritannien. Deutschland wurde von Ex-Bundespräsident Christian Wulff vertreten. Sie schritten in der Dunkelheit das Krematorium empor, um sich vor dem Sarg des Monarchen zu verneigen.