Washington.

In ihrer langen Geschichte haben die über 8000 Mitglieder der für die Oscar-Vergabe zuständigen „Academy of Motion Picture Arts and Sciences“ in Los Angeles nach eigenen Angaben erst einmal ein Mitglied hochkantig rausgeworfen. Harvey Weinstein könnte die Nummer zwei werden. Der von Tag zu Tag größere Kreise ziehende Skandal um den Film-Mogul, der seine Machtposition in Hollywood über Jahrzehnte missbraucht haben soll, um Schauspielerinnen sexuell zu belästigen und sogar zu vergewaltigen, ist morgen Thema einer Sondersitzung des Führungsgremiums der Academy.

Würde Weinstein ausgeschlossen oder schwer sanktioniert, sagen Insider in Hollywood, käme das einem „Erdbeben“ gleich. Der erfolgreiche Produzent steht für insgesamt 81 Oscars. Ginge es ihm an den Kragen, könnten im männerdominierten Filmbetrieb auch andere Vertreter auffliegen, „die ihre Neigungen nicht zähmen können“, heißt es unter Szene-Kundigen bei der „LA Times“. Begründung: Der Fall Weinstein hat in Hollywood Dämme brechen lassen. Immer mehr Film-Gewaltige gestehen ein, dass das skrupellose Triebtäter-Verhalten des 65-Jährigen a) in der Szene seit Langem bekannt und b) kein Einzelfall war. Im Klatschmagazin „tmz“ und anderen Publikationen wird der Eindruck erweckt, dass das Gros der Schauspielerinnen in Hollywood sexueller Belästigung ausgesetzt war oder ist, was von einem Schweigekartell de facto hingenommen werde.

Männliche Stars spielten dabei eine dubiose Rolle. Beispiel Ben Affleck und Matt Damon: Beide haben Weinstein, der mit ihnen vor 20 Jahren den Kassenschlager „Good Will Hunting“ schuf, viel zu verdanken. Beide sollen, so Vorwürfe in US-Medien, seit Langem von Weinsteins Sexsucht und frauenfeindlicher Haltung gewusst haben. So soll Damon gemeinsamen mit dem Schauspieler Russell Crowe 2004 für Weinstein bei der Journalistin Sharon Waxman ein gutes Wort eingelegt haben. Es ging um den italienischen Chef von Weinsteins damaliger Firma Miramax, Fabrizio Lombardo, der dafür zuständig gewesen sein soll, Weinsteins Frauen-Appetit zu stillen. Damon, der wie sein Mitstreiter Affleck lange brauchte, um Weinsteins Aktivitäten zu verurteilen, bestreitet die Vorwürfe. Affleck hat noch ein gesondertes Problem. Nachdem er Weinstein wortreich verurteilt hatte, kam heraus, dass der unter anderem aus „Batman v Superman“ bekannte Mime vor 14 Jahren vor laufender Kamera der MTV-Moderatorin Hilarie Burton an die Brust gefasst hatte. Affleck entschuldigte sich am Mittwochabend umgehend für sein „unangemessenes Verhalten“.