Gerade macht der Student Mitch (Dylan O’Brian) seiner Freundin einen Heiratsantrag am Strand, da dringen islamistische Terroristen in das Urlaubsidyll ein, schießen um sich und töten auch die Frischverlobte. Monate später sinnt der junge Mann, der schwer verletzt überlebt hat, auf Rache. Er stählt seinen Körper, übt sich im Kampfsport, studiert den Koran und lässt sich einen Bart wachsen. So schafft er es bis in die Zelle des Mörders in Tripolis. Aber bevor er sich rächen kann, dringt eine Einheit der CIA ein, liquidiert die Ultras und nimmt Mitch fest. Nicht als potenziellen Terroristen. Mitch ist genau die Art Mann, die die CIA braucht im Kampf gegen den Terror.

Auch Actionfilme können brandaktuell sein. „American Assassin“ ist der Film zur Stunde, er handelt vom Terror, der jeden treffen kann, von der Wut der Betroffenen und der Ohnmacht der Regierungen. Vor allem aber ist er eine Katharsis-Fantasie: dass einer wie du und ich den Kampf aufnimmt. Vor zwei Jahren erst hat „Sicario“ eine ähnliche Geschichte erzählt: Die US-Polizei gibt den legalen Kampf gegen mexikanische Drogenkartelle auf, gründet stattdessen eine Geheimzelle, die den Verbrechern Gleiches mit Gleichem heimzahlt. In „American Assassin“ bildet die CIA eine Einheit namens Orion aus, um weltweit Terroristen auszuschalten. Doch bevor Mitch zum ersten Einsatz kommt, muss er erst durch die harte Schule des Kriegsveteranen Stan Hurley (Michael Keaton).

Was Tom Clancys Spionagethriller für die 80er-Jahre, das sind Vince Flynns Mitch-Rapp-Romane für das neue Jahrtausend. Obwohl der erste Band schon 1999 erschien, verarbeitet die Thriller-Reihe das Trauma vom 11. September. Hier geht es nicht mehr um erratische Kalter-Krieg-Blöcke, sondern um Terror, der von allen Seiten kommen kann. Es war nur eine Frage der Zeit, bis dieser Mitch Rapp auch die Kinoleinwand erblicken sollte. „American Assassin“ war eins der letzten Bücher, die Flynn vor seinem Tod 2013 schrieb, erzählt aber die Vorgeschichte. Und die wird von „Homeland“-Regisseur Michael Cuesta so atemberaubend inszeniert, dass man als Zuschauer glaubt, selbst im Schussfeld zu stehen.

Tempogeladene Verfolgungsjagden, explizite Folter- und Kampfszenen, die schon beim Zusehen wehtun – der Film verlangt dem Zuschauer einiges ab. Man bleibt dennoch dabei, weil man sich mit diesem Mitch identifiziert, der eben kein Bond oder Bourne ist, sondern ein Jedermann. Cuesta und seine vier Drehbuchautoren kreieren nicht nur eine Erlösungsfantasie, sie zeigen auch deren Schwachstellen, wenn ein ehemaliger, von Hurley ausgebildeter Söldner (Taylor Kitsch) eigene Geschäfte macht. Da kommt plötzlich noch ein ganz anderer Terror ins Spiel, wenn Iraner Plutonium stehlen und an einer Atombombe basteln. Das ist vielleicht ein bisschen viel für einen einzigen Actionfilm und sieht dann doch eher nach einem 007-Showdown aus. Und doch: „American Assassin“ markiert eine hochaktuelle, sehr verstörende Spielart des scheinbar ausgelutschten Agentenfilms. Und könnte sich zur Serie entwickeln. Genug Romanvorlagen gibt es ja.

„American Assassin USA 2017, 111 Minuten, ab 18 Jahren, Regie: Michael Cuesta, Darsteller: Dylan O’Brien, Michael Keaton, Sanaa Lathan, Shiva Negar, täglich im Cinemaxx Dammtor/ Wandsbek, UCI Mundsburg/ Othmarschen/Wandsbek