Der VEEK-Vorsitzende Gunter Mengers über Tradition, Werte und Wandel. Zahl der weiblichen und jüngeren Mitglieder soll erhöht werden

Gunter Mengers ist seit Januar dieses Jahres Vorsitzender der Versammlung Eines Ehrbaren Kaufmanns zu Hamburg e. V. (VEEK). Im Interview spricht er darüber, was ihn antreibt und wie er den Verein in die Zukunft führen will.

Herr Mengers, warum wird man Vorsitzender der VEEK?

Gunter Mengers: Ich bin seit rund vier Jahrzehnten Mitglied und war drei Jahre im fünfköpfigen Vorstand, als man mit der Bitte an mich herangetreten ist. Es ist natürlich zum einen eine ausgesprochen ehrenvolle Aufgabe, der größten werteorientierten Wirtschaftsvereinigung Europas vorzustehen, zum anderen aber auch eine große Herausforderung – gerade im Jubiläumsjahr. Doch für die Idee, die hinter dem Ehrbaren Kaufmann steht, lohnt es sich einzutreten. Zu seinem Wort stehen, sich im Geschäftsverkehr vorbildlich verhalten, nach Treu und Glauben handeln: Viele Menschen spüren gerade jetzt, dass nur wertorientiertes Wirtschaften nachhaltig ist.

Ehrbarer Kaufmann – passt das Konzept noch in eine Zeit, in der kurzfristige Börsenerfolge zählen und selbst der US-Präsident sich rühmt, Deals abzuschließen, bei denen er andere über den Tisch zieht?

Mehr denn je! Geld und wirtschaftlicher Erfolg können nicht alleiniger Maßstab des Handelns sein. Natürlich sehen wir mit Sorge, dass in den USA von verantwortlicher Stelle eine Kultur der Rücksichtslosigkeit vorgelebt wird. Und auch hierzulande haben sich einige Konzerne in jüngster Zeit nicht gerade mit Ruhm bekleckert: Dass es im harten Wettbewerb mitunter zu Tricksereien kommt, ist zwar nicht in Ordnung, aber nie ganz auszuschließen. Als Topmanager hinterher dafür nicht die Verantwortung zu übernehmen ist armselig. Wie zeitgemäß unser Petitum ist, sieht man unter anderem daran, dass es in Regelwerke zum Thema Corporate Governance eingeflossen ist. Rücksichtsloses Verhalten von Unternehmern darf gesellschaftlich nicht toleriert werden, anständiges Verhalten muss der Normalzustand sein – und geht im Zweifel vor schneller Rendite. Anstand hat Zukunft.

Das betrifft das Attribut „ehrbar“. Wieso „Kaufmann“?

Die Kaufmannschaft hat in einer Handelsstadt wie Hamburg eine herausragende Bedeutung. Kaufleute haben sich im Laufe der Jahrhunderte immer wieder für den Standort engagiert und viel für die Stadt getan. Denken Sie an die Speicherstadt, denken Sie aber auch an die zahlreichen Stiftungen und Förderkreise. Kaufleute sind nach unserem Verständnis traditionell und aus Eigeninteresse weltoffen, sie übernehmen auch Verantwortung fürs Gemeinwesen.

Was haben Sie sich für Ihre dreijährige Amtszeit vorgenommen?

Unser Ziel im Vorstand ist es, die VEEK nach außen sichtbarer zu machen – dafür bietet der 500. Geburtstag natürlich reichlich Gelegenheit. Welche Institution kann schon von sich behaupten, über fünf Jahrhunderte einen so exzellenten Ruf zu genießen? Die öffentliche Resonanz ist da sehr gut. Außerdem wollen wir die Zahl unserer Mitglieder erhöhen und insgesamt deutlich jünger und weiblicher werden.

Gibt es da schon Erfolge?

Ich habe den Eindruck, dass die Werte, die der VEEK und seine Mitglieder verkörpern, wieder mehr ins Bewusstsein rücken. Das spiegelt sich auch bei den Mitgliederzahlen: Wir haben in diesem Jahr über 100 neue Mitglieder gewonnen – das ist weit mehr als in vergleichbaren Zeiträumen früherer Jahre.

Wie hoch ist der Frauenanteil?

Ausbaufähig, aber der Trend ist positiv: Von den aktuell 1200 Mitgliedern sind jetzt rund zehn Prozent Frauen – bei den Neumitgliedern betrug der Anteil aber schon 20 Prozent.

Wie wollen Sie junge Gründer für die VEEK-Ideen gewinnen?

Die Jüngeren bei uns sind eher Ende 30, weil man nach unseren Statuten ja schon eine gewisse Position haben und etwa als Prokurist Führungsverantwortung tragen muss. Erfolgreiche Start-up-Gründer erfüllen diese Bedingungen natürlich auch. Gerade den jüngeren – aber auch allen anderen – Mitgliedern wollen wir durch eine höhere Schlagzahl bei Veranstaltungen wie „VEEK meets“ oder durch Mentorenprogramme an der Hamburg School of Business Adminis­tration mehr Gelegenheiten verschaffen, ihren Horizont zu erweitern und Verbindungen zu knüpfen – zu anderen Mitgliedern, aber auch darüber hinaus.

Wie feiern Sie Ihr Jubiläum?

Einige Highlights liegen schon hinter uns: Dazu zähle ich etwa den Senatsempfang mit der Überreichung des Verfassungsportugalesers in Gold im Juni. Jetzt steht die große Jubiläumsfeier in der Elbphilharmonie an, bei der unser Erster Bürgermeister sprechen und es auch ein attraktives musikalisches Rahmenprogramm geben wird. Eines ist mir und der gesamten VEEK aber besonders wichtig: Wir wollen nicht uns feiern, sondern die Kontinuität und Beständigkeit der Werte, die unserer Vereinigung zugrunde liegen.

Und am 29. Dezember krönt dann die Jahresschlussversammlung der VEEK das Jubiläumsjahr?

Ja, nach alter Väter Sitte halten wir am letzten Werktag des Jahres unsere Jahresschlussversammlung mit 2000 Gästen in der Handelskammer ab.

Da hat es angesichts der Umwälzungen in der Handelskammer im Vorfeld atmosphärische Störungen gegeben. Wird der neue Kammerpräses Tobias Bergmann sprechen?

Die Beziehungen zur Handelskammer, die ja historisch aus der VEEK hervorgegangen ist, sind traditionell gut. Wir sind da in konstruktiven Gesprächen. Klar ist, dass unsere Veranstaltung auch in Zukunft am bewährten Ort stattfinden kann – wenn auch möglicherweise mit überarbeiteter Programmfolge. Dieses Jahr bleiben wir weitgehend beim bewährten Ablauf – und der beinhaltet traditionell eine Ansprache des Kammerpräses, der dem Senat die Leviten liest.

Ehrbarer Kaufmann zu sein ist ein hehres Ziel. Wie gehen Sie mit Verstößen um?

In meiner ja noch recht kurzen Amtszeit ist noch niemand wegen Regelverstößen erwischt worden. Aber es ist natürlich wichtig, klare Kante zu zeigen: Wer sich belegbar unanständig verhält, passt nicht zu uns. Dem wird dann nahegelegt, die Vereinigung zu verlassen. Das hat es in der Vergangenheit auch schon gegeben.

Wo kommen die Informationen her? Beim Verein Pro Honore, mit dem Sie verbunden sind, gibt es eine Hotline.

Wenn was nicht sauber läuft, spricht sich das rum. Wir wollen da nicht graben, aber am Ende müssen wir die Entscheidung auf Basis der Informationen, die uns vorliegen, treffen. Bei der genannten Hotline geht es etwa um Verfehlungen im Bereich Korruption. Wir unterstützen das ausdrücklich.

Laut Satzung wäre auch eine Insolvenz ein Negativkriterium.

Das erscheint mir tatsächlich nicht mehr zeitgemäß, da müssen wir ran. Dass man mal strauchelt, gehört heute zum Wirtschaftsleben dazu. Entscheidend ist, dass das nicht zulasten anderer passiert.

Wie wird man Mitglied?

Sie müssen Inhaber oder leitender Angestellter eines Hamburger Unternehmens sein. Um akzeptiert zu werden, braucht es zwei Bürgen aus der VEEK. Der Mitgliedsbeitrag beträgt aktuell 50 Euro im Jahr, dürfte angesichts der Aufgaben, die vor uns liegen, aber wohl steigen.