Die „Cap San Diego“ ist ein schwimmendes Museum. Wie es früher an Bord zuging, kann man jetzt auch in einem Kinderbuch nachlesen

Hunderte Schiffe haben in Hamburg ihre Heimat und schippern meist im großen Hafengebiet herum – zum Beispiel Fähren, Barkassen oder Schlepper. Aber dieses eine ist einzigartig: Die „Cap San Diego“ an der Überseebrücke ist eine der beliebtesten Touristenattraktionen, eine Art Hamburger Wahrzeichen und aus dem Stadtbild gar nicht wegzudenken. Und: Sie ist ein schwimmendes Museum, das immer noch aufs Meer hinausfahren kann. So etwas hat nicht jede Hafenstadt.

Das Museum im Schiffsbauch zeigt, wie früher Holz, Autos, Säcke und Fässer transportiert wurden

Man sieht die „Cap San Diego“ gleich, wenn man von den Landungsbrücken Richtung Elbphilharmonie geht. Schön, weiß und elegant liegt sie dort, und wenn man nicht wüsste, dass sie mal ein Frachtschiff war, würde man sie für eine Luxusyacht halten. Solche Frachter fahren heute nicht mehr, sie sind zu klein und können keine Container transportieren. Umso spannender ist es, das Museum im Schiffsbauch zu besuchen und sich anzusehen, wie früher, bevor der Container erfunden wurde, Holz, Autos, Säcke, Fässer, Autos oder sogar Lokomotiven übers Meer transportiert wurden.

Und zum Glück gibt es das erste Kinderbuch, das all die Dinge erklärt. In „Abenteuer auf der Cap San Diego“ ist Ole mit seinem Hund Bo im Hafen unterwegs. Plötzlich entwischt Bo ihm, Ole sieht gerade noch, wie der Hund die Gangway an Bord der „Cap San Diego“ hochläuft. Ole rennt natürlich hinterher, weiß aber auf dem Schiff nicht, wo er zuerst nachschauen soll. Zum Glück trifft er Lena, die Enkelin des Kapitäns, die sich sehr gut auskennt. Gemeinsam suchen sie nach Bo, dabei lernt Ole viel Interessantes über das Schiff.

Er erfährt, was früher in den Frachträumen transportiert wurde, wer alles auf der „Cap San Diego“ gearbeitet hat, wozu eine Elefantenhaut und Morsezeichen nützlich waren. Die Geschichte hat Corinna Fuchs geschrieben, und Alexander von Knorre hat sie mit tollen Bildern illustriert.

Eine Entdeckungstour an Bord geht zurück in eine andere Zeit, von der nicht viel übrig ist. Die „Cap San Diego“ wurde 1961 in Hamburg gebaut, sie hatte fünf baugleiche Schwestern. Diese sechs Schiffe nannte man Stückgut-Schnellfrachter. „Stückgut“, weil jedes Transportstück einzeln an oder von Bord gebracht werden musste (anders als bei einem Öltanker oder einem Getreidefrachter), und „schnell“, weil diese Schiffe mit 18 Knoten (ungefähr 33 Stundenkilometer) Durchschnittsgeschwindigkeit ihre Routen von Hamburg nach Südamerika befuhren, und das war ziemlich zügig.

Aber die „Cap San Diego“ und ihre Schwestern waren nicht nur schnell, sondern von einem Hamburger Architekten so ungewöhnlich schön gestaltet, dass sie tatsächlich nicht wie Frachter aussahen. Man nannte sie auch „weiße Schwäne des Atlantiks“. Doch all das nützte ihnen nichts: Wenige Jahre später fuhren die ersten Containerschiffe, die man – weil all diese Kisten gleich groß sind – in viel kürzerer Zeit be- und entladen kann. Und das ist auch billiger, oder umgekehrt: Der Gütertransport mit der „Cap San Diego“ und ihren Schwestern wurde zu teuer.

Zwischen 1982 und 1986 hat man die fünf Schwestern ausgemustert und verschrottet, und auch die „Cap San Diego“ sollte in einem Hochofen eingeschmolzen werden. Doch das konnte man zum Glück verhindern. Stattdessen wurde sie zu einem historischen Schmuckstück, dem größten fahrtüchtigen Museumsfrachtschiff der Welt.

Und es ist nicht nur fahrtüchtig, sondern fährt ab und zu auch wirklich. Zwar nicht mehr nach Südamerika, aber bis nach Cuxhaven oder durch den Nordostsee-Kanal bis nach Kiel. Die Besatzung besteht zum allergrößten Teil aus ehemaligen Seeleuten, von denen manche tatsächlich früher auf der „Cap San Diego“ oder einer ihrer fünf Schwestern über die Weltmeere gefahren sind. Heute erzählen sie den Passagieren gern, wie es damals an Bord zugegangen ist.