Lissabon.

„Es ist kein Geheimnis, dass es nicht gut um meine Gesundheit steht“, sagte Salvador Sobral auf einer Videobotschaft, die er von der Intensivstation an seine Fans geschickt hat. Sie können das Drama um Portugals Popstar kaum fassen. Noch im Mai wurde der 27-Jährige von den Zuschauern beim Eurovision Song Contest (ESC) in Kiew als Sieger gefeiert. Jetzt kämpft er um sein Leben. „Ich bin leider so weit, dass ich meinen Körper der Wissenschaft übergeben muss“, sagte Sopbral.

Auch die Ärzte im Santa-Cruz-Hospital in der Hauptstadt Lissabon können dem jungen Mann, der über Nacht zum Nationalhelden Portugals wurde, keine großen Hoffnungen machen. Sie sprechen von einem Wettlauf gegen die Zeit. Denn Sobral, der unter massiven Herzproblemen leidet, benötigt dringend ein Spenderherz.

Auf dem Video an seine Fans spricht Sobral leise und mit jenem melancholischen Klang, der ihn und seine Musik berühmt gemacht hat. Man sieht ihn am Klavier sitzen, wo er den Bea­tles-Song „Hello, Goodbye“ anstimmt.

Der Sänger, der mit seiner dahingehauchten Jazz-Ballade „Amar Pelos Dois“ („Liebe für zwei“) beim ESC die Welt berührte, musste Anfang September die Tournee durch die Konzertsäle seines Heimatlandes abbrechen. Immer heftigere Herzrhythmusstörungen machten ihm zu schaffen. Die Ärzte verordneten ihm absolute Ruhe und fürchteten, dass das Herz des Mannes, der mit seiner sanften Stimme über Nacht zu Portugals Nationalhelden geworden war, bald ganz versagen könnte. Sein emotionales Abschiedskonzert stand unter dem Motto „Até ja“, zu Deutsch „Bis bald“.

Seit Tagen harren vor dem Krankenhaus am Stadtrand Lissabons Fans aus. „Wir beten für dich“, steht auf einem Pappschild, das sie mitgebracht haben. Und: „Wir stehen dir bei.“ Portugals Staatspräsident Marcelo Rebelo de Sousa richtete an Sobral die Botschaft: „Wir wollen, dass du uns noch viele Jahre viel Freude bereitest.“ Die ESC-Siegerin des Jahres 2016, die ­ukrainische Sängerin Jamala, schrieb auf Facebook: „Salvador, wir drücken dir die Daumen.“

Auf einem bewegenden letzten Open-Air-Konzert vor den Toren Lissabons, für das Sobral noch einmal kurz sein Krankenzimmer verlassen durfte, ließen seine Fans weiße Herz-Luftballons aufsteigen. „Ich hoffe, einer davon wird mir helfen“, sagte der Sänger. „Ich werde all eure Liebe in einem kleinen Kästchen aufbewahren“, rief er seinem Publikum zu.

Dann sang er, zusammen mit seiner Schwester Luísa, seinen melancholischen ESC-Siegessong „Amar Pelos Dois“, in dem es um Liebe, Leidenschaft und Trennung geht. Bis ihm die Stimme versagte und er weinend seine Schwester, die Komponistin des Liedes, umarmte. „Wenn jemand eines Tages nach mir fragt, sag, dass ich lebte, um dich zu lieben“, heißt es wehmütig in dem Song, den schließlich die Fans vielstimmig für ihren kranken Star zu Ende sangen.

Schon während des ESC-Festivals in Kiew hatte Sobral ernste Gesundheitsprobleme. Wegen seines Zustandes musste ihn Schwester Luísa, die ihn zur Teilnahme am Eurovision Song Contest überredet hatte, bei mehreren ESC-Proben vertreten. Fragen nach seinem Gesundheitszustand tat er damals mit dem Satz ab: „Die Leute müssen nicht wissen, wie es um mich steht.“

Medizinische Geräte als Überbrückung

Nach seinem ESC-Sieg des bis dahin eher unbekannten Jazz-Sängers begann ein Rummel, der der Gesundheit des eher schüchternen Musikers offenbar erheblich zusetzte. „Es wird nicht einfach sein, all das zu verdauen“, sagte er damals vorausahnend.

In der Klinik wird Sobral jetzt medizinisch so weit unterstützt, dass sein Zustand derzeit als stabil gilt. Die Gefahr eines plötzlichen Herzstillstands, die durch Herzrhythmusstörungen besteht, könnte so verringert werden. Doch diese Versorgung ist nur als Überbrückung gedacht, bis ein Spenderherz gefunden ist, so die Ärzte. Portugal gehört zu den EU-Ländern, in denen die Organspenderquote vergleichsweise groß ist. Mit etwa 30 Spendern pro einer Million Einwohner (in Deutschland 15 Spender) liegt das südeuropäische Land deutlich über dem EU-Schnitt.