Mexiko-Stadt.

Stein für Stein räumen die Rettungskräfte die riesigen Trümmer weg. Alles möglichst leise, um zu hören, ob noch Lebenszeichen unter den Schuttbergen zu hören sind. „Wir müssen von Haus zu Haus gehen, um zu sehen, ob es noch eingeschlossene oder bewegungsunfähige Menschen gibt.“ Tausende Menschen haben in Mexiko-Stadt ihre beschädigten Häuser verlassen, nachdem am Dienstag um 13.15 Uhr das Erdbeben der Stärke 7,1 die Stadt erschüttert hatte. 225 Tote konnten bis gestern Abend (deutsche Zeit) geborgen werden, wie hoch die Opferzahl tatsächlich ist, ist längst noch nicht klar. Mehrere zehntausend Gebäude wurden zerstört. Fast vier Millionen Menschen sind ohne Strom.

Dramatisch ist die Lage an einer eingestürzten Grundschule. Bisher wurden 37 Leichen geborgen. „Wir schätzen, dass noch zwischen 30 und 40 Menschen in den Trümmern gefangen sind. Wir hören aber Stimmen, einige sind noch am Leben“, sagte Marine-Sprecher José Luis Vergara.

Auch verzweifelte Eltern suchen in den Trümmern nach ihren Kindern, oft mit bloßen Händen. Als die Helfer zwei Kinder aus einer Spalte zwischen zwei Betonwänden ziehen, brandet Jubel auf. Das Mädchen und der Junge haben staubige Gesichter, sie weinen, aber sie sind in Sicherheit. „Papa, bringe mich zu meinen Brüdern“, ruft Fátima. Der Vater schließt seine Tochter fest in den Arm und atmet schwer. Einer seiner Söhne ist tot, der andere wird noch vermisst. Ein Sprecher der Rettungskräfte sagt, man sei außerdem in Kontakt mit einer verschütteten Lehrerin, die ein kleines Mädchen bei sich habe.

Ausgerüstet mit Atemmasken, Fahrradhelmen, Spitzhacken und Schaufeln helfen Hunderte Freiwillige bei den Rettungsarbeiten mit. Im Licht von Taschenlampen und Scheinwerfern suchten sie auch die ganze Nacht über zwischen den Steinen der zusammengestürzten Gebäude nach möglichen Überlebenden. Mitunter weisen Whatsapp-Nachrichten den Rettern den Weg zu den Verschütteten.

Jessica Cervantes steht mit ein paar Habseligkeiten in der Hand auf der Straße und kann nicht aufhören zu weinen: „Wir haben alles verloren, unsere Wohnung, unsere Kleidung, alles, für das wir unser Leben lang gearbeitet haben.“ So wie hier in der Condesa sieht es in vielen Stadtteilen der 20-Millionen-Metropole aus.

Auch zwei Gefängnisse im Bundesstaat Puebla mussten evakuiert und Gefangene verlegt werden. Der internationale Flughafen der Hauptstadt stellte den Betrieb ein, über 180 Flüge fielen aus. Betroffen vom Beben ist auch das legendäre Azteken-Stadion, durch eine Tribüne zieht sich ein Riss.

Laut Zivilschutzbehörde lag das Epizentrum des Bebens nur gut 120 Kilometer südöstlich von Mexiko-Stadt im Bundesstaat Puebla. Die meisten der bislang geborgenen Toten stammen aus dem südlich an Mexiko-Stadt grenzenden Bundesstaat Morelos.

Bundespräsidentbekundet sein Beileid

Präsident Enrique Peña Nieto ordnete an, dass alle Krankenhäuser Verletzte aufnehmen müssen, selbst wenn sie keine Versicherung haben, um für die Behandlungskosten aufzukommen.

Die internationale Anteilnahme ist groß: Der brasilianische Fußballstar Neymar hat zur Solidarität aufgerufen. Er twitterte: „Lasst uns für Mexiko beten.“ Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier schrieb: „Mit mir sind heute viele Deutsche in Gedanken bei den Angehörigen der Opfer und bei den Menschen, die sich noch in Gefahr befinden und auf Rettung hoffen.“ Die Vereinten Nationen haben ihre Hilfe angeboten. UN-Generalsekretär António Guterres: „Wir stehen bereit zur Unterstützung.“