Der Berliner Schauspieler, Regisseur und Autor Tom Lass hat es mit der Liebe und der Originalität. Dass darin kein Widerspruch liegt, beweist er einmal mehr mit seinem neuen Film. „Blind & Hässlich“ ist danach benannt, wie der augenscheinlich depressive Ferdi, auch gespielt von Tom Lass, sich selbst sieht und wie er Jona (Herbert Achternbuschs fabelhafte Tochter Naomi) wahrnimmt, als er sie zum ersten Mal trifft.

Jona hat sich gerade vor ihrer Abiturprüfung bei ihrer blinden Cousine Cécile (die tatsächlich blinde, hinreißend aufspielende Clara Schramm) im Wohnheim verkrochen. Als sie mit Céciles Blindenhund zu einer Art Blindenhund-TÜV unterwegs ist, kommt Jona auf einer Brücke an Ferdi vorbei, der sich gerade in den Tod stürzen will. Er glaubt nun bei seiner vermeintlich blinden neuen Bekanntschaft noch einmal bei null anfangen zu können. Die zauberhaften, verschämten, absurden, zärtlichen und Angst einflößenden Momente ihrer langsamen Annäherung setzt Kamerafrau Jieun Yi in traumhafte Bilder. Sie machen fast vergessen, dass Jonas Schwindel irgendwann auffliegen muss.

Ein wenig klingt das nach Versuchsanordnung. Und gerade Ferdi kommt eher als Projektionsfläche daher denn als vielschichtige Figur. Doch an die Stelle von psychologischer Tiefe tritt bei Lass die melancholisch-empathische Clownerie, ein lustvolles Spiel mit Klischees und bis zum allerletzten Bild ein unbestechliches, dabei hochgradig reflektiertes Gefühl für Timing. „Blind & Hässlich“ ist ein kleines Filmwunder.

„Blind & Hässlich“ D 2017, 105 Min., ab 12 J.,
R: Tom Lass, D: Tom Lass, Naomi Achternbusch, Eva Löbau, im Abaton