Blickwechsel: Warum machen die das? Jede „Tatort“-Kommissarin ist beliebter als ein Bundesminister

Wenn wir noch nicht sicher sind, ob wir unsere politischen Vertreter für fünf Jahre wählen sollten, dann nehmen wir uns doch erst einmal fünf Minuten. Fünf Minuten, in denen wir den Blickwinkel wechseln. Eine kurze Zeit, in der wir uns Politiker als gute Leute vorstellen.

Wir Wahlbürger sagen und denken mal für einige Momente nicht, was vielen von uns zum Reflex geworden ist. Meckern nicht über das Geschrei in den Talkshows. Behaupten mal nicht, die wollten sich nur die Taschen voll machen. Oder geben immerhin zu, dass wir mindestens Leute kennen, die das auch gut und gerne tun.

In diesen fünf Minuten ist Zeit für die Frage nach den Motiven. Warum macht einer oder eine das? Hinter dem Infostand stehen, an dem die Menschen mit einem „Sprich mich bloß nicht an“-Gesicht vorbeihasten. Wer in die Politik geht, wird niemals so gefeiert wie ein WM-Finalheld 2014. Jede „Tatort“-Kommissarin ist sowieso begehrter als ein Bundesminister.

Ich saß für eine Fernsehsendung mit mehreren Spitzenpolitikern im Auto. Mit Dietmar Bartsch von der Linkspartei wäre ich gern in seinen Wahlkreis nach Vorpommern gefahren, damit wir im Strandkorb zusammen Bier trinken. Stünde irgendwo ein Pferd, mit SPD-Generalsekretär Hubertus Heil würde ich es womöglich stehlen. Mit der Grünen Katrin Göring-Eckardt würde mir selbst beim Marmeladeeinkochen nicht langweilig. Das macht sie, wenn sie Stress loswerden muss. Peter Tauber kann sich meiner Verfluchung beim Joggen sicher sein. Aber nicht, weil er in der CDU-Spitze arbeitet. Sondern, weil er klein und leicht ist. Ob wir nicht den Mächtigen gegenüber sehr skeptisch sein müssten, wurde Loriot in den 80er-Jahren in einer Talkshow gefragt. „Unbedingt“, war seine Antwort. Nur seien nach seiner Vorstellung in einer Demokratie vor allem die mächtig, die auswählen, wer regiert und wer nicht.