Bis 15.10. läuft das Harbour Front Festival mit Autoren wie Linda Boström und Uwe Timm

Als Publikums-Festival muss dem Harbour Front Festival daran gelegen sein, den Geschmack von vielen zu treffen – und dennoch auch diejenigen Leser abzuholen, die eher in den hinteren Reihen und Ecken des großen, weitläufigen Literaturfeldes stehen. In der Tiefe des Raums haben die Festivalmacher in diesem Jahr Autoren wie Hari Kunzru gefunden, der in seinem Roman „White Tears“ über zwei Musikfans schreibt, die auf kuriose Weise einen Blues-Hit lancieren – und später in gewalttätige, zunächst vollkommen rätselhafte Vorgänge verstrickt sind. Zu hören am 17.9. (21 Uhr) auf der „Cap San Diego“ bei 14 Euro Eintritt.

Weitere Autoren, die bislang keine ganz großen Namen haben, gibt es wieder in den Debütantensalons zu entdecken, am 14., 16., 18. und 19.9. (jeweils 19 Uhr, Nochtspeicher, 10 Euro). Dort bewerben sich insgesamt acht Frauen und Männer, unter ihnen der gebürtige Hamburger Stefan Lohse, um den mit 10.000 Euro dotierten Klaus-Michael Kühne-Preis.

Denis Scheck macht Literaturkritik in den Kammerspielen

Zu den Publikumsmagneten zählt erneut Uwe Timm, ein gern gesehener Gast auf dem 2009 initiierten Festival, das diesmal bis 15. Oktober dauert. Timm stellt am 19.9. (20 Uhr, 16 Euro) im Altonaer Theater sein neues Buch „Ikarien“ vor. In diesem widmet sich der stets historisch sensible Schriftsteller, der 1940 in Hamburg geboren wurde, dem Rassen­hygieniker Alfred Ploetz (1860–1940), der vom idealistischen Sozialutopisten zum fehlgeleiteten, inhumanen Wissenschaftler mutierte. Ein wichtiges, beileibe nicht vergnügliches Thema.

Was das angeht, kann sicher Denis Scheck („Druckfrisch“/ARD) helfen: Der derzeit wohl bekannteste Literaturkritiker Deutschlands gibt in den Kammerspielen (18.9., 20 Uhr, 18 Euro) eine Büchershow – und sagt, was sich zu lesen lohnt oder eben nicht. Selbst wenn man seinen Urteilen nicht folgt: Unterhaltsam ist Scheck immer.

Linda Boström Knausgård trägt einen berühmten Namen und ist, wenn man so will, eine Figur der Weltliteratur: als Ehefrau von Ich-Zerleger Karl Ove Knausgård in dessen Roman-Zyklus „Min kamp“. Dort taucht sie auch als psychisch Notleidende auf, die auch mit ihrer eigenen literarischen Produktion ringt. Ihr erstes auf Deutsch erscheinendes Werk trägt den Titel „Willkommen in Amerika“ und ist zumindest inhaltlich nicht weit weg von Knausgård: Auf minimalistisch-dichte Weise variiert Boström das Vater-Thema, bildet dabei aber dieselbe Vergeblichkeit ab. Boström liest am 20.9. (21 Uhr, 14 Euro) auf der „Cap San Diego“ aus „Willkommen in Amerika“.

Eine „Bitch“ zu sein und seine Stimme zu erheben: Darum geht es der englischen Zeitgeist-Autorin Laurie Penny in ihrer „Bitch Doktrin“. Penny gilt als eine der wichtigsten Vertreterinnen des Feminismus – und Kämpferin für Chancengleichheit. Penny stellt ihr neues Buch im Uebel & Gefährlich vor (20.9., 20 Uhr, 14 Euro). Biografisch und gesellschaftlich das Gegenmodell zur jungen, linken Frau ist der ältere, konservative Mann. Auch den hat Harbour Front im Programm, in einer zunächst mal interessanten Ausführung: Ulrich Greiner ist nach eigenem Verständnis kein Geburtskonservativer, sondern ein konservativ Gewordener. Er liest aus „Heimatlos – Bekenntnisse eines Konservativen“ am 20.9. (19 Uhr, 12 Euro) in der Freien Akademie der Künste.

Harbour Front Festival bis 15.10., Programm und Tickets unter www.harbourfront-hamburg.com