Darren Aronofskys Horror-Drama „Mother!“ scheitert trotz Star-Besetzung am Drehbuch

Einmal spricht Michelle Pfeiffer wahre Worte aus: Warum das ganze Haus sanieren, warum nicht ein neues bauen? Gute Frage. Gleich am Anfang des Filmes sehen wir, wie das Haus eines namenlosen Dichters (Javier Bardem) abbrennt und seine Frau dabei ums Leben kommt. Mit seiner neuen Liebe (Jennifer Lawrence) baut er das viktorianische Landhaus nun Wand um Wand neu auf. Nun ja, die junge Frau hämmert, schraubt und malt, während der Gatte an seinem neuen Epos sitzt und unter einer Schreibblockade leidet.

Die Wände raunen ahnungsvoll, die Dielen knarzen und ächzen, das ganze Haus scheint die Frau warnen zu wollen. Dann steht eines Nachts ein Fremder (Ed Harris) vor der Tür, dem der Gatte aber großzügig Einlass gewährt. Der Mann raucht das Haus voll und spuckt bald Blut. Am nächsten Tag erscheint auch dessen übergriffige Frau (Michelle Pfeiffer), am übernächsten kommen noch deren Söhne, die sich gleich an die Gurgel gehen. Aber nicht mal ein Brudermord kann den Dichter umstimmen. Er lässt sogar die Trauerfeier in seinem Haus zelebrieren. Die Gattin darf alle bedienen. Und der Blutfleck am Boden frisst sich ins Gebälk.

„Mother!“ ist eine buchstäbliche Heim-Suchung in den eigenen vier Wänden, das Unheil dringt von außen ein. Konsequent verlässt der Film nie das Innere des Hauses, die Wackelkamera klebt eng an der Protagonistin, was Ohnmacht und Klaustrophobie auslöst. Irgendwann aber kippt der Film aus diesem verstörenden Angstzustand in dumpfen, billigen Horror. Jennifer Lawrence („Die Tribute von Panem“) nimmt man die Hilflosigkeit nicht ab. Warum haut sie nicht einfach ab? Kaum zu glauben, in welch absurde Splatter-Untiefen der Film abrutscht.

Darren Aronofsky ist ein Kultfilmer, der nicht nur die Kritik, sondern auch seine Fangemeinde getreulich spaltet. Die einen lieben seine verstörenden Dramen wie „The Wrestler“ oder „Black Swan“, die anderen lachen über pseudo-philosophischen Quatsch wie „The Fountain“ oder den Bibelschwulst „Noah“.

Hier zerfällt alles in vordergründigen, prätentiösen Horror

„Mother!“ setzt indes einen neuen Tiefpunkt, für den der sonst so erfolgsverwöhnte Filmemacher, der jüngst beim Filmfestival in Venedig ausgebuht wurde. Biblische Pfade sollte er künftig meiden. Auch „Mother!“ ist ja, das Ausrufezeichen im Titel deutet es nicht eben subtil an, eine Schöpfungsgeschichte. Die Fremden, inklusive Kain und Abel, wirken stimulierend auf den Dichter, sein endlich vollendetes Epos wiederum stimulierend auf die Ehe. Bald wächst ein Babybauch. Bald aber rennen auch Horden von Fans die Bude ein, um den Dichter kultisch zu verehren. Das neugeborene Baby muss natürlich ein Messias sein, von dem jeder eine Locke haben will. Ein Martyrium für die junge Mater Dolorosa.

Der Vergleichsschocker „Rosemary’s Baby“ spielte immerhin mit der Interpretationsmöglichkeit, dass hier eine junge Frau unter einer Schwangerschafts-Depression leidet und sich alles nur einbildet. Auch Lawrence nimmt anfangs ein Medikament, das sie später ins Klo spült, bevor der Wahnsinn richtig ausbricht. Aber hier gibt es eben kein Spiel mit einem doppelten Boden, hier zerfällt alles nur in vordergründigen, prätentiösen Horror.

„Mother!“ ist ein Monstrum, ein Film, der wirklich Grauen erzeugt, aber nicht so wie gedacht. Man mag nicht verstehen, warum so viele, so großartige Künstler daran mitgewirkt haben und Aronofskys Drehbuch nicht als das erkannt haben, was es ist: ein Fass ohne Boden. Ist „Mother!“ auch eine Phantasmagorie über künstlerische Schöpfungskraft und die Opfer, die sie fordert?

Dann kann man nur hoffen, dass der Film nicht zur Metapher auf die Beziehung von Aronofsky und Jennifer Lawrence gerät, die seit dem Dreh liiert sind. Auch Angelina Jolie und Brad Pitt haben ja, anstatt in die Flitterwochen zu fahren, lieber das lahme Ehe-Exorzismus-Drama „By The Sea“ gedreht. Und damit das Ende ihrer Ehe vorweggenommen.

„Mother!“ USA 2017, 115 Min., ab 16 J., R: Darren Aronofsky, D: Jennifer Lawrence, Javier Bardem, Ed Harris, täglich im Abaton (OmU), Cinemaxx
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