Das Drama „Das Löwenmädchen“ ist bisweilen all zu kammerspielartig und plakativ. In einer Hauptrolle: Burghart Klaußner

Die deutsche Filmemacherin Helke Sander hat in einem jüngst erschienenen Essay die Entstehung der Geschlechterhierarchie als „unbeabsichtigte Nebenwirkung sozialer Folgen des Fellverlustes“ unserer Vorfahren beschrieben. „Das Löwenmädchen“ von der norwegischen Filmemacherin Vibeke Idsøe erzählt nun, nach Erik Fosner Hansens gleichnamigem Bestseller, quasi den Umkehrschluss zu Sanders These: Die fiktive, 1912 mit dem Hypertrichosis-Syndrom geborene Eva Arctander wird aufgrund ihrer kompletten Körperbehaarung zunächst von ihrem Vater Gustav (Rolf Holger Lassgård) zu Hause versteckt. Bald erkämpft sie sich jedoch ihren Weg in die Gesellschaft, wird eine lokale Berühmtheit, dann eine international beachtete Kuriosität von wissenschaftlichem und bei einem Schausteller (Burghart Klaußner) auch von wirtschaftlichem Interesse.

Aus all diesen ausbeuterischen Verhältnissen kann sich die erwachsene Eva (Ida Ursin-Holm) schließlich befreien, studiert und wird eine anerkannte Mathematikerin. Idsøes Blick bleibt dabei höflich distanziert, als wolle sie unbedingt vermeiden, ihre Heldin einmal mehr dem Voyeurismus preiszugeben. Stattdessen landet sie allzu oft im Plakativen und bemüht viel freundliches Gegenlicht. Vor allem in der ersten Hälfte des Films herrscht zudem eine kammerspielartige Strenge. Sie raubt – erst recht im sterilen Studioton der deutschen Synchronfassung – dem „Löwenmädchen“ viel von ihrer eigentlichen Vitalität.

„Das Löwenmädchen“ Deutschland/Norwegen/Schweden 2016, 125 Min., ab 12 J., R: Vibeke Idsøe, D: Rolf Lassgård, Burghart Klaußner, täglich im Blankeneser; www.dasloewenmaedchen-derfilm.de