Hamburg. Senator Kerstan (Grüne) stellt sich gegen die Strategie, um jeden Preis zu wachsen, und kontert damit Scholz

Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) hat sich gegen die von CDU und SPD verfolgten Pläne ausgesprochen, Hamburg zu einer echten Weltstadt zu machen. „Ich persönlich finde: Wir müssen nicht immer die Größten und Wichtigsten sein“, sagte Kerstan im Abendblatt-Interview. „Es reicht doch, wenn unsere Stadt nach außen sympathisch auftritt und man hier gut leben kann. Hamburg ist eine Großstadt. Hamburg ist eine weltoffene Stadt. Aber Hamburg muss keine Weltstadt sein.“ Nach seinem Eindruck wolle das die Mehrheit der Hamburger auch gar nicht. „Das haben auch die Ablehnung von Olympia und die Skepsis gegenüber dem G20-Gipfel gezeigt“, so Kerstan. „Auch in Barcelona sieht man, dass viele Menschen den Boom kritisch sehen. Hamburg muss nicht um jeden Preis weiter wachsen, um eine tolle Stadt zu sein. Das ist es auch so schon.“

Der CDU-Senat hatte im vergangenen Jahrzehnt mit der Strategie der „Wachsenden Stadt“ das Ziel formuliert, Hamburg sichtbarer auf die Weltkarte zu setzen. Diesem Ziel dienten etwa der Bau der Elbphilharmonie und die Olympiabewerbungen. Als Vorbild galt etwa das spanische Barcelona. SPD-Bürgermeister Olaf Scholz hatte die Wachstumsstrategie weitgehend übernommen und den Weltstadt­anspruch Hamburgs auch in seinen Reden immer wieder unterstrichen.

Ende Juni hatte Scholz auch die umstrittene Durchführung des G20-Gipfels mit dem Anspruch Hamburgs verbunden, eine Weltstadt zu sein. „Natürlich erfordert die Ausrichtung eines Großereignisses wie des G20-Gipfels Kompetenz und Einsatz“, so Scholz. „Das müssen wir aber können, wenn wir Weltstadt sein wollen.“

Im Interview verteidigt Umweltsenator Kerstan außerdem die umstrittene neue Reinigungsgebühr, die alle Hamburger vom Jahr 2018 an zahlen sollen.

Seite 12 Das Kerstan-Interview