Kreis Pinneberg. Zwei junge Männer aus Rellingen und Halstenbek machen ein besonderes Langzeitpraktikum an der Flugschule in Uetersen-Heist

Wie schön, wenn junge Menschen wissen, was sie wollen! Max Wohlerdt (21) aus Rellingen und Dennis Wiemer (20) aus Halstenbek hatten schon als Jugendliche den Wunsch, Berufspilot zu werden – am besten im Cockpit eines Düsenflugzeugs. Noch schöner: Seit Anfang diese Jahres sind beide auf dem Weg, ihr ersehntes Ziel zu verwirklichen – und das zum Nulltarif.

„Gesucht: Fußgänger, die gern fliegen wollen“ – so berichtete das Hamburger Abendblatt in seiner Regionalausgabe Pinneberg vor einem Jahr über eine ungewöhnliche Aktion der Flugschule Hamburg. Das auf dem Flugplatz Uetersen-Heist ansässige Unternehmen bot jungen Leuten mit Abitur und Führerschein die kostenlose Ausbildung zum Jetpiloten an.

Das Putzen und Betanken der Flieger gehört dazu

Verbunden war die Offerte mit der Per-spektive, nach erfolgreichem Abschluss später als Kopilot bei Air Hamburg, dem größten deutschen Privatjet-Anbieter, anzuheuern. Die Gegenleistung: Während eines fünfjährigen Langzeitpraktikums müssen die Flugschüler ohne Lohn in der Flugschule arbeiten.

Die Resonanz blieb nicht aus. Mehr als 20 Kandidaten meldeten sich bei Manuela Witt. Die Bürochefin der Flugschule ging nun daran, die Spreu vom Weizen zu trennen. „Beim Casting blieben zunächst fünf Bewerber übrig“, beschreibt sie das Verfahren. Nach einem Mini-Praktikum dieser Kandidaten waren Witt und ihre Kollegen einig: „Max und Dennis wollen wir haben.”

Obwohl die angehenden Berufspiloten in Halstenbek und Rellingen in enger Nachbarschaft wohnen, lernten sie sich erst bei der Bewerberauswahl kennen. Klar, dass sich die jungen Männer riesig freuten, ins Finale gekommen zu sein. Und jetzt, nach acht Monaten für Max und sieben Monaten für Dennis, der erst zum 1. Februar begann, hat sich daran nichts geändert. „Ich bin voll zufrieden mit der Arbeit in der Flugschule“, zieht Max Zwischenbilanz. Und Dennis ergänzt: „Ich bin richtig glücklich, dass mir der Job hier so viel Spaß macht.”

Am Boden sind die beiden angehenden Berufspiloten an fünf Tagen in der Woche als Allroundkräfte im Einsatz. Vor allem im Sommer und an Wochenenden gibt es reichlich zu tun. Das fängt an mit dem Putzen und Betanken der
16 ein- und zweimotorigen Schul- und Charterflugzeuge. Hinzu kommt Bürodienst auf dem Flugplatz, wenn es gilt, Charterreservierungen für Hobbypiloten zu organisieren, Termine für Flugschüler abzumachen oder Rundfluggäste am Boden zu begleiten.

Manuela Witt ist voll des Lobes über ihre neuen Kollegen, die sich bestens ins Team der Flugschule mit acht Mitarbeitern eingefügt haben. Die Bürochefin der Flugschule freut sich vor allem über die Begeisterungsfähigkeit von Max Wohlerdt und Dennis Wiemer und deren Talent, selbstständig zu arbeiten und Entscheidungen zu treffen: „Die denken beide über den Tellerrand hinaus.” Klar, dass neben den Aufgaben im Job die Flugausbildung in Theorie und Praxis nicht zu kurz kommt.

Vor allem für die ersten Schritte bis zur Privatpilotenlizenz (PPL) und dem anschließenden Weg zur Berufspilotenprüfung ist der Grasplatz in Heist optimal geeignet. Selbstverständlich werden aber auch Verkehrsflughäfen wie der Hamburger Airport angeflogen. Zunächst gilt es, Flugstunden zu sammeln, um die Berechtigung für weitere Ausbildungsstufen zu erreichen. Hinzu kommt später noch der Erwerb einer Fluglehrerlizenz. Denn während ihres Langzeitpraktikums werden Max und Dennis auch zwei Jahre lang als Fluglehrer tätig sein.

In der Ausbildung liegt Max derzeit vorn. Der Rellinger hatte nach einem Schüleraustauschjahr und bei zwei Urlauben in den USA bereits die dortige Privatfliegerlizenz erworben und danach für Deutschland ergänzt und übertragen lassen. Doch Dennis kommt auch gut voran. „Die Hälfte der Flugstunden für die PPL habe ich schon geschafft”, sagt der angehende Pilot strahlend.

Der Ausbildungsweg bis zur Lizenz zum Führen von Verkehrsflugzeugen ist im Vergleich zu Flugschulen der großen Airlines wie Lufthansa länger, doch können die künftigen Verkehrspiloten später von ihrem Erfahrungsschatz als Lehrer und dem Bonus von 700 bis 900 Flugstunden profitieren.

Außerdem sind beim Modell Ausbildung gegen Praktikum später keine Kredite für die sonst etwa 150.000 Euro kostende Schulung abzuzahlen. Hinzu komme, dass normalerweise mit einer Übernahme als Kopilot bei Air Hamburg nach fünf Jahren zu rechnen sei, sagt Manuela Witt.

Früherer Praktikant ist heute als Flugkapitän unterwegs

Auf diesem Weg haben es schon vier frühere Praktikanten ins Cockpit der Privatjets geschafft. Jan Hackethal, der vor elf Jahren als erster Praktikant anheuerte, ist mittlerweile mit den Air-Hamburg-Jets als Flugkapitän in aller Welt unterwegs. Und Fabian Förster, der sein Praktikum 2013 begann, ist nächstes Jahr soweit, als First Officer – so die offizielle Bezeichnung für den Kopiloten – anzuheuern.

Zuvor muss er noch seine Instrumentenflug-Ausbildung abschließen. Vor einem Wechsel auf einen Jet ist dann noch das sogenannte Type-Rating erforderlich: die Zulassung für den betreffenden Flugzeugtyp, der geflogen werden soll.

Na, wenn das keine Perspektive auch für die neuen Langzeitpraktikanten ist.