Alle Bewerber haben aufgrund der guten Wirtschaftslage auf dem Ausbildungsmarkt viele Chancen

eit Jahren sinkt die Zahl der Schulabsolventen mit erstem Schulabschluss, während die Menge derjenigen mit Abitur, die eine duale Berufsausbildung machen wollen, steigt. Welche Zukunftschancen haben Jugendliche mit einem Hauptschulabschluss da überhaupt noch?

„Auf dem Ausbildungsmarkt sieht es zurzeit grundsätzlich gut aus“, sagt Klaus Weber, Leiter des Arbeitsbereichs Übergänge in Ausbildung und Beruf, Berufsorientierung; Berufsorientierungsprogramm beim Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB). „Denn aufgrund der aktuellen Entwicklung haben immer mehr Branchen Schwierigkeiten, geeignete Nachwuchskräfte zu finden, und suchen händeringend nach Auszubildenden.”

Rechtlich gesehen, das schiebt er vorweg, gebe es ohnehin für keinen Ausbildungsberuf einen vorgeschriebenen Schulabschluss. So habe jeder theoretisch die Möglichkeit, jeden Beruf zu erlernen, den er möchte. In der Praxis allerdings ist das nicht immer der Fall, denn manch eine Ausbildung ist von der Komplexität und ihren Anforderungen her so schwierig, dass viele Unternehmen von ihren Bewerbern einen Realschulabschluss oder sogar das Abitur erwarten. „Und es gibt Berufe, in denen sich einfach sehr viele Studienberechtigte bewerben, und da ist die Konkurrenz dann für Jugendliche mit dem ersten Schulabschluss besonders hart“, sagt Weber.

Ein Makel aber, betont Fin Mohaupt, sei ein Hauptschulabschluss nicht, im Gegenteil: „Er kann mehr wert sein als ein schlechter Realschulabschluss.“ Insgesamt, so der Leiter der Aus- und Weiterbildungsberatung in der Handelskammer Hamburg, sei die Bereitschaft, Hauptschüler einzustellen, größer geworden. „Das funktioniert vor allem über eine Einstiegsqualifizierung. Im Praktikum kann der junge Mensch beweisen, dass er besser ist, als es seine Noten aussagen.“

Aber in welchen Branchen kommen Jugendliche mit Hauptschulabschluss unter? Klaus Weber sagt: „Fast 44 Prozent der Jugendlichen mit Hauptschulabschluss machen eine Ausbildung im Handwerk.“ Und auch in der Landwirtschaft ist der Anteil derjenigen mit erstem Schulabschluss mit einem Drittel hoch. Im Bereich Hauswirtschaft haben sogar 55 Prozent der Azubis einen Hauptschulabschluss. „Ganz anders sieht es bei den freien Berufen aus, da sind es nur 15 Prozent“, sagt Weber. „Und im öffentlichen Dienst sind es gar nur vier Prozent.“

Besonders viele Hauptschulabsolventen entschieden sich laut Weber für Berufe wie Dachdecker, Maurer, Koch und Zimmerer. Zudem gibt es viele unbesetzte Ausbildungsplätze bei Fachverkäufern im Lebensmittelhandwerk, bei Gebäudereinigern, Fleischern, Bäckern und Köchen. Wichtig sei, das betonen beide Experten, sich gut zu informieren: „Wenn ein Jugendlicher seine Ausbildung vorzeitig abbricht, dann geht das nicht selten mit falschen Vorstellungen vom Arbeitsplatz einher“, sagt Weber. Die jungen Leute bekämen von manchen Berufen ein falsches Bild vermittelt. „Wenn man sich die Daily Soaps anschaut, dann haben viele einen gastronomischen Betrieb und sind immer gut gelaunt. Dann gibt es Kochsendungen, in denen das Personal immer einen sauberen Kittel trägt und das Geschirr immer gespült ist.“ Dass es aber in der Küche heiß und laut sei und man häufig bis spät in die Abendstunden arbeite, werde dort nicht vermittelt.

Besonders wichtig sei deshalb, eine Ausbildung zu finden, die wirklich zu einem passt. Denn wer sie durchzieht und besser als mit einer Drei im Abschlusszeugnis bestehe, wird belohnt: „Dann bekommt man automatisch den Realschulabschluss“, weiß Ausbildungsexperte Mohaupt.

Schon während der Ausbildung gibt es eine Reihe von Möglichkeiten, sich weiterzuqualifizieren: „Man kann beispielsweise Computerzertifikate erwerben oder einen Sprachkursus an der Berufsschule machen“, sagt Karl Weber vom BIBB. „Außerdem ist es für Lehrlinge in Handwerksberufen möglich, zusätzlich Kenntnisse in Betriebswirtschaft zu erlangen und schon während der Ausbildung einen Teil der Meisterprüfung zu absolvieren.“ Sogar die Fachhochschulreife können die Jugendlichen bereits während der Ausbildung nachholen.