Köln.

Magnesium ist in Deutschland der Spitzenreiter bei den Nahrungsergänzungsmitteln – obwohl nur die wenigsten Bundesbürger mit dem Mineralstoff unterversorgt sind. Die je nach Alter und Geschlecht empfohlenen 300 bis 350 Milligramm pro Tag lassen sich laut Deutscher Gesellschaft für Ernährung (DGE) leicht über die Nahrung aufnehmen. Trotzdem helfen viele Verbraucher mit Nahrungsergänzungsmitteln nach. Diese sind zudem häufig sehr großzügig dosiert. Die Verbraucherzentrale Sachsen hat deshalb nun das Kölner Pharmaunternehmen Klosterfrau verklagt.

Deren Tabletten „Taxofit Magnesium 600 Forte“ enthalten 600 Milligramm Magnesium pro Stück. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) empfiehlt, täglich maximal 250 Milligramm über Nahrungsergänzungsmittel einzunehmen. „Wir finden, dass sich Anbieter an diese Empfehlung halten sollten“, sagt Birgit Brendel, Ernährungsexpertin der Verbraucherzentrale Sachsen. Wer ohne Not zu viel Magnesium einnimmt, riskiert eine Überdosierung, die mit Durchfall, Erbrechen einhergehen und bei sehr hohen Dosen auch zu Muskelschwäche oder Blutdruckabfall führen kann. Die MCM Klosterfrau Vertriebsgesellschaft teilte mit, es handele sich um ein sicheres Lebensmittel, das seit über zwei Jahren im Verkehr sei und bei dem es kein Gefährdungspotenzial gebe.

Bislang gebe es für den Höchstgehalt an Magnesium in Ergänzungspräparaten keine gesetzlichen Vorgaben, sagt Brendel. „Genau diesen Punkt soll unsere Klage klären. Wir wünschen uns eine richterliche Aussage dazu, ob eine so hohe Dosis nicht schon in den therapeutischen Bereich geht.“ Die Entscheidung des Landgerichts Köln wird aber voraussichtlich erst in mehreren Monaten fallen. Eigentlich obliegt die Regelung solcher Höchstwerte der Europäischen Kommission. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) habe dies schon mehrfach eingefordert, teilt die Behörde auf Anfrage mit. Die Antworten ließen aber nicht darauf schließen, dass Vorschläge für entsprechende Höchstgehaltsregelungen in absehbarer Zeit zu erwarten seien.

Daher habe man nun das BfR beauftragt, „eine aktuelle Bewertung zu Vitaminen und Mineralstoffen in Nahrungsergänzungsmitteln vorzunehmen“. Diese Bewertung werde eine wesentliche Grundlage sein, um noch einmal zu prüfen, ob bundesgesetzlich geregelte Höchstmengen für bestimmte Stoffe sinnvoll sein könnten. Das solle auch dazu beitragen, Nahrungsergänzungsmittel klar von Arzneimitteln abzugrenzen und Rechtssicherheit für Unternehmen und Überwachungsbehörden zu schaffen.

Denn anders, als viele Verbraucher glauben, zählen Nahrungsergänzungsmittel in Deutschland vor dem Gesetz nicht als ­Arznei-, sondern als Lebensmittel. Sie werden also vor der Markteinführung nicht auf Wirksamkeit und Sicherheit geprüft und dürfen – ebenso wie Lebensmittel – mit sogenannten Health Claims werben. Gleich vier dieser Gesundheitsversprechen hätte Klosterfrau auf seinen Magnesium-Tabletten verwendet, erklärte Brendel. Alle vier hätten das rechtlich zulässige Maß überschritten. Aus diesem Grund hatte die Verbraucherzentrale den Anbieter im Mai bereits abgemahnt. Die Slogans seien inzwischen verschwunden. Eine Ausnahme ist das Magnesium-Präparat von Klosterfrau keineswegs – weder bei den laut Verbraucherzentrale „unzulässigen“ Werbeaussagen, noch bei der hohen Dosierung. Im Januar hatte der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) eine Stichproben-Untersuchung vorgestellt. Über 60 Prozent der untersuchten Präparate waren demnach überdosiert.