Die Ferienzeit soll die schönste des Jahres sein, in der man alles und jeden vergisst. Nicht allen gelingt das

Urlaub ist nicht die schönste Jahreszeit, sie ist die härteste. Denn dann wird der Mensch unentwegt auf sich selbst geworfen und muss – oft bei ­ungesund hohen Temperaturen – mit den großen Fragen ringen: Was will man vom Leben, und wer ist wirklich schuld, wenn’s versemmelt wird? War’s das jetzt schon? Und: Wie war’s eigentlich so bis jetzt? Idealerweise kommt man danach zurück an seinen Arbeitsplatz und hat dort dann erst mal keinen Schimmer mehr, wie das verdammte Passwort für den noch viel verdammteren Büro-Rechner war. Ein Zustand reiner Orientierungslosigkeit, für den die Umschreibung „himmlisch“ noch viel zu ungenügend ist. Blöd nur, dass diese Log-in-Amnesie nicht ewig anhält – weil der Mensch an sich denkt, der Chef aber lenkt.

Doch während laut einer aktuellen Forsa-Umfrage 87 Prozent der Deutschen behaupten, sich „gut bis sehr gut“ (was immer das auch heißt) erholt zu haben, blicken die restlichen 13 Prozent tapfer den unbequemen Fakten des Daseins ins Auge. Acht Prozent ­geben der Erholungswirkung die Note „mangelhaft“, vier Prozent kamen so wieder, wie sie abfuhren. Die Krönung: Ein Prozent wusste grundsätzlich nicht, ob eine Erholung stattgefunden hat. Sonnenhut ab vor so viel Ehrlichkeit und Selbsterkenntnis! Dieses eine Prozent, das sind die Aufrichtigen, die Pioniere im Sumpf der Befindlichkeiten. Denn wenn man die üblichen Vorwände fürs Nichtloslassengekonnthaben außen vor lässt, Dinge wie Familienscharmützel oder Wetterelend, was bleibt, wenn man viel Zeit hat fürs Nichtstun und Herumdenken? Genau: Was bleibt, ist der Zweifel an Sinn und Sein und Sonnenschein.