Ihr Name mag hierzulande weniger bekannt sein, aber ihre Stimme hat jeder im Ohr, der die Filme von Pedro Almodóvar liebt: Ein tiefes und doch sehr weibliches Timbre, das eine Intensität besitzt, das augenblicklich unter die Haut geht. Der Dokumentarfilm „Chavela“ ist allein schon deshalb sehenswert, weil er die Gelegenheit bietet, die Person hinter dieser Stimme kennenzulernen. Es ist ein erstaunliches Schicksal.

Chavela Vargas, 1919 in Costa Rica geboren, kam als Teenager nach Mexico, wo sie berühmt wurde und Legenden um sich bildete: als Frau, die Hosen trug, trank, was das Zeug hielt, und Frauen liebte, worüber man natürlich nicht sprechen durfte, was aber trotzdem jeder wusste.

Mit Archivaufnahmen und vielen Gesprächspartnern setzen die Filmemacherinnen Catherine Gund und Daresha Kyi eine Biografie mit Brüchen und einem unverhofft glücklichen Ausgang zusammen. In den 80er-Jahren schien der damals 70-Jährigen ein früher Tod in Armut und Alkoholsucht sicher, aber dann gelang ihr ein spätes Comeback. 1992 trat sie erstmals in Spanien auf. Pedro Almodóvar, ihr glühender Fan, war sich gar nicht sicher, ob er sein Idol wirklich auf der Bühne sehen wollte. Aber Chavela enttäuschte nicht – und tourte noch weitere 20 Jahre durch Europa und Lateinamerika, bis sie 2012 starb. „Wie lange bleiben Sie?“, wurde sie bei der Ankunft in Spanien gefragt. „Den Rest meines Lebens“, antwortete sie schlagfertig. Sie rechnete damit, auf der Bühne zu sterben.

„Chavela“ USA 2017, 90 Min., o. A., R: Catherine Gund, Daresha Kyi, täglich im Abaton