Das Drama „The Promise“ krankt am schablonenhaften Drehbuch und zu viel Kitsch

In den 30er- und dann wieder in den 60er-Jahren versuchte das Hollywoodstudio MGM, 2006 dann auch noch einmal Sylvester Stallone, „Die 40 Tage des Musa Dagh“ zu verfilmen, Franz Werfels epochalen Roman über den Völkermord an den Armeniern. Immer aber scheiterte das Projekt am Druck türkischer Gruppierungen. Spielfilme über den Genozid gibt es inzwischen dennoch einige. Aber weder Atom Egoyans „Ararat“ (2002) noch „Das Haus der Lerchen“ (2007) der Brüder Taviani oder gar Fatih Akins „The Cut“ (2014) konnten bislang recht überzeugen. Als traue man sich noch immer nicht, den Völkermord, den die Türkei bis heute nicht als solchen anerkennen will, in all seiner Grausamkeit zu zeigen und anzuprangern.

Mit „The Promise“ startet der irische Regisseur Terry George nun einen neuen Versuch – mit einer großen Provokation. Er will zwar erklärtermaßen an die großen historischen Epen eines David Lean anknüpfen, erzählt den Genozid aber vor allem – als Kolportage. „The Promise“ ist quasi ein „Dr. Schiwago“ im Osmanischen Reich, mit klar wiedererkennbarem Gerüst. Der junge Armenier Michael (Oscar Isaac) ist zwar kein Arzt, sondern Medizinstudent, auch er ist verlobt (das titelgebende Versprechen), verliebt sich aber während des Studiums in Konstantinopel in die armenische Künstlerin Ana (Charlotte Le Bon), die bereits mit dem zerrissenen US-Journalisten Chris (Christian
Bale) liiert ist. Eine klassische Dreiecksgeschichte, in die dann der Erste Weltkrieg einbricht und mit ihm die Ausschreitungen der Türken an den Armeniern.

Wenn der Journalist eingekerkert wird, muss man an Denis Yücel denken

Die Liebenden werden auseinandergerissen, Michael wird verschleppt und entkommt immer wieder nur knapp den Gräueln, die an seinem Volk begangen werden, während der Journalist mehrfach sein Leben riskiert, um die Welt über genau diese Verbrechen in Kenntnis zu setzen. Es gibt dabei immer wieder Szenen, die beklemmend aktuell wirken: Völkerscharen auf der Flucht. Türken, die alle „Verräter“ nennen, die nicht in ihrem Sinne denken (heute sind das „Terroristen“). Und wenn der ausländische Journalist eingekerkert wird, muss man natürlich sofort an Fälle wie Denis Yücel denken.

Aber dann wird immer wieder Kitschsoße über den Film gegossen. Immer wieder begegnen sich die Männer im Ringen um die Frau. Nichts gegen Kolportage. Sie ist im Mainstream ein gängiges Mittel, um große Stoffe aufzuarbeiten. Nur schade, wenn sich dabei das Verhältnis verkehrt und die kleine Geschichte nicht den Rahmen für das historische Thema hergibt, sondern Letzteres zur bloßen Kulisse einer erwartbaren Handlung verkommt.

Es ist höchst ehrenhaft, dass Stars wie Christian Bale und Oscar Isaac an dem Film mitgewirkt haben. Aber der Film krankt schon am sehr schablonenhaften Drehbuch. Dass das ausgerechnet Terry George passieren konnte, der als Drehbuchautor für Jim Sheridan begann („Im Namen des Vaters“), bevor er selbst Regisseur von so aufrüttelnden Filmen wie „Hotel Ruanda“ wurde, ist kaum nachzuvollziehen. Wie schade, dass einfach kein wirklich überzeugender Film gelingen will über diesen Völkermord, bei dem bis zu 1,5 Millionen Menschen ums Leben gekommen sein sollen. Am Ende verschlägt es auch „The Promise“ auf den Musa Dagh, jenen Berg, auf dem Tausende von Armeniern Widerstand gegen die Türken geleistet haben. Man fragt sich, wann dieser Jahrhundertroman doch noch mal groß verfilmt wird.

„The Promise – Die Erinnerung bleibt“
ES/USA 2017, 134 Min., ab 12 J., R: Terry George,
D: Oscar Isaac, Christian Bale, Charlotte Le Bon, täglich im UCI Othmarschen/Wandsbek;
www.thepromise-film.de