Barcelona.

Ausnahmezustand für viele Spanienurlauber: Seit Anfang dieser Woche befinden sich die Mitarbeiter der Sicherheitskontrollen auf dem internationalen Flughafen in Barcelona im unbefristeten Streik. Die Aktion mitten in der Ferienhochsaison ist ein Albtraum für Hunderttausende von Passagieren. Pro Tag starten hier etwa 500 Maschinen, mehr als 90.000 Passagiere werden abgefertigt. Auch in anderen Bereichen der Tourismusbranche streiken die Angestellten für mehr Geld.

Viele Reisende kamen am Montag schon vier bis fünf Stunden vor dem Abflug zum Airport, weil sie Angst hatten, ihren Flug zu verpassen. Das große Chaos blieb zunächst aus, weil Spaniens Regierung vorgesorgt hatte: Sicherheitsmitarbeiter, die von einem privaten Wachdienst gestellt werden, mussten einen umfangreichen Notdienst sicherstellen. Zusätzlich wurde die Guardia Civil, Spaniens paramilitärische Polizeieinheit, an die Streikfront geschickt, um die Kontrollen abzuwickeln.

Schon seit Tagen bekommen die Flugreisenden die Konsequenzen dieses Arbeitskampfes zu spüren, der bereits seit Anfang August den Betrieb mehrfach lahmlegte. Es kam zu stundenlangen Wartezeiten beim Sicherheitscheck. Immer wieder mussten Mitarbeiter die Reisenden beruhigen, die über verpasste Flüge, damit auch oft über verpasste Anschlussflüge, in Wut gerieten. Dabei waren die Mitarbeiter dank der vielen Mehrarbeit selbst oft mit den Nerven am Ende. Viele große Airlines wie etwa Lufthansa, Swissair, Ryanair, Norwegian und Easyjet wollen ihre Abfertigungsschalter durchgehend offen halten, damit die Fluggäste genug Zeit für die Sicherheitskontrollen haben.

Am Sonntagabend hatte sich die letzte Hoffnung zerschlagen, dass der Nonstop-Ausstand doch noch im letzten Moment abgewendet werden kann: Das Sicherheitspersonal lehnte Stunden vor Beginn des unbefristeten Streiks die angebotene Lohnerhöhung von 200 Euro monatlich erneut ab.

Die Sicherheitsleute beklagen eine massive Unterbesetzung am zweitgrößten Flughafen Spaniens sowie eine zu hohe Arbeitsbelastung. Angestellt sind sie bei der Eulen-Gruppe, die laut Medienberichten in 14 Ländern 86.000 Menschen beschäftigt. Weil es immer mehr Touristen nach Barcelona zieht, sei die Zahl der Passagiere dort zwischen 2009 und 2016 um mehr als 60 Prozent gestiegen. Die Belegschaft des Sicherheitspersonals sei, so die Streikenden, in der Zeit allerdings von 500 auf 360 geschrumpft.

Barcelona ist nicht der einzige von Streiks betroffene Ort im spanischen Königreich der Niedriglöhne, die im Dienstleistungsgewerbe kaum höher als 1000 Euro liegen. Auch auf den Airports in der Pilgerstadt Santiago de Compostela und der galicischen Großstadt A Coruña an der Atlantikküste wollen die Mitarbeiter der Sicherheitskontrollen vom 20. August an die Arbeit niederlegen.

Auch das Servicepersonal der Fernzüge ist im Ausstand, ebenso wie die Straßenreinigung und Müllabfuhr gleich mehrerer Städte und die Taxifahrer in der Costa del Sol-Stadt Málaga. Die Mitarbeiter der berühmten Gondelbahn zum Teide-Gipfel auf der kanarischen Ferieninsel Teneriffa kündigten ebenfalls an, die Arbeit niederlegen zu wollen.

Rettungsschwimmer in Alicante unter Streikenden

Der Juli war nicht viel besser: Die Droschkenfahrer in Tourismushochburgen wie Madrid, Barcelona und Sevilla blieben vorübergehend zu Hause, um gegen die privaten Fahrdienste wie Uber oder Cabify zu demonstrieren. Das Personal der Metro in Barcelona, wichtigstes öffentliches Transportnetz der Großstadt, streikte gleich wochenlang. Sogar die Rettungsschwimmer an mehreren Küstenabschnitten am Mittelmeer, wie etwa im Raum Alicante, befanden sich im Arbeitskampf, weil sie nicht länger für 900 Euro im Monat Dienst schieben wollten.

Die Streikwelle signalisiert, dass Spaniens überdurchschnittliches Wirtschaftswachstum, das vor allem durch den großen Tourismusboom angetrieben wird, auch Schattenseiten hat: Die Gewerkschaften beklagen die immer schlechteren Arbeitsbedingungen. 90 Prozent der neuen Jobs sind nur auf Wochen oder Monate befristete Beschäftigungen, für die selten mehr als 1000 Euro Lohn gezahlt werden. „Müllverträge“ werden diese Beschäftigungsverhältnisse genannt. Um die Bedingungen zu verbessern, wird bereits mit einem „heißen Herbst“ gedroht.