Berlin.

Erst gestern hatte ich wieder eine dieser schimmernden Werbekarten in meinem Briefkasten. Im besten Denglisch wurde mir ein perfekter Sommer-Body in nur drei Wochen versprochen. Sixpack inklusive. Exakt 21 Tage für eine rasende Transformation, bei der jeder Genforscher die Hände über dem Kopf zusammenschlagen würde. Und all das auf Basis minimaler Bewegung und toller Elektrizität für meine gestressten Muskeln. Zweimal pro Woche 15 Minuten und dann ab zum Strand. Hurra! Sport kann doch so einfach sein, oder?

Nein, ich finde, das geht gar nicht! Sport hat für mich mit koordinativer Bewegung, stolzem Schweiß, mentaler Herausforderung und vor allem Spaß zu tun. Die heutige Gesellschaft neigt leider dazu, alles in Projekte einzuteilen.

Und leider sind auch der Körper und die Gesundheit zu Projekten geworden, die so schnell wie möglich abgearbeitet werden sollen. Je trendiger und unaussprechlicher die neu gewählte Sportart, desto besser und imageträchtiger. Kennen Sie beispielsweise Crunning? Diese Kombination aus Krabbeln (engl.: crawling) und Laufen (running) in der freien Natur sieht nicht nur mindestens irritierend aus, sondern birgt für Anfänger auch eine Menge Sturzgefahr. Eine noch fragwürdigere Alternative ist Pole-Fitness. Die im Wohnzimmer montierte Tanzstange ist dann doch eher für angehende Zirkusartisten und nicht für den Hobbysportgebrauch gedacht. Peinlichkeit und Verletzungsrisiko liegen hier höchstwahrscheinlich vor dem Fitness-Gewinn.

Besonders cool sind auch ge­heimnisvolle Abkürzungen für Trainingstechniken, die nur ein eingeweihter Kreis kennt. Das hat schon bei Organisationen wie der Nasa funktioniert, warum sollte es nicht auch bei HIT (High Intensity Training), HIIT (High Intensity Intervall Training) oder neuerdings auch PHIIT (Pilates High Intensity Intervall Training) funktionieren?

Ich sehe schon den Trend für 2018 vor mir: Super-High-Intensity-Training – kurz SHIT. Das darf natürlich erst nach erfolgreichem Abschluss von HIIT und PHIIT absolviert werden.

Im Grunde ist all das nicht mehr als ein altes und bewährtes Trainingsprinzip im neuen Marketinggewand. Mein Sportlehrer hat es früher Zirkeltraining genannt, und je nach Ziel oder Laune von Herrn Böhme war es dann eher eine leichte oder eine schwere Kombination aus vielen verschiedenen Kraftausdauerübungen, die systematisch mit Belastung und Pause aneinandergereiht wurden und den Puls auf eine Achterbahnfahrt geschickt haben.

Liebe Sportsfreunde, die Gesundheit ist das Beste und Wertvollste, was wir besitzen, daher sollten wir täglich und mit Freude etwas für uns tun, um diese zu fördern, ohne dabei das Rad ständig neu erfinden und jedem Trend nachjagen zu wollen. Egal ob Sie laufen, schwimmen, Fußball spielen, reiten oder mit dem Hund ausgiebige Spaziergänge machen – der Körper ist kein Drei-Wochen-Projekt. Sport ist eine wunderbare Lebenseinstellung an allen 365 Tagen im Jahr!