Beim Alster Dinner Shipping lässt sich noch bis Herbst auf einem Dampfer jeweils drei Stunden lang gut essen und trinken

„Ich habe den schönsten Arbeitsplatz“, sagt Marion Weniger mit viel Leidenschaft in der Stimme und fährt sich durch ihre kurzen blonden Haare. Dann tritt die ebenso resolute wie herzliche Dame neben dem Kapitän ans Mikrofon des Alsterdampfers und heißt ihre Gäste willkommen.

Seit 25 Jahren begrüßt und bewirtet sie Passagiere auf Hamburgs Innenstadtgewässer. Alster Dinner Shipping nennt sich ihr Format. Das heißt: drei Stunden lang schippern, speisen und trinken, reden, gucken und vor allem die Seele baumeln lassen. Denn je tiefer das Schiff in die teils wild verwunschenen Alsterkanäle eindringt, desto mehr entspannt sich das Gemüt. Ein Kurzurlaub, ein Wellness-Trip im Miniaturformat, eine kulinarische Reise.

Los geht es jedoch mitten in der trubeligen City am Jungfernstieg, auf dem Einkäufer und Touristen verweilen. Am Anleger 1 entern an diesem Sonnabendabend etwa 30 Gäste das überdachte Boot und nehmen an fein gedeckten Tischen Platz. Wo sonst aufgedruckte Karten den Verlauf der Alster zeigen, sorgen nun gestärkter weißer Stoff, Besteck, pinkfarbene Servietten und Blumen für Restaurant-Atmosphäre. Der Dampfer nimmt Fahrt auf und tuckert auf die Kennedybrücke zu, hinter der sich die Außenalster öffnet – und mit ihr der Blick. Die Wellen kräuseln sich leicht, das urbane Panorama zieht vorüber. Das Herz schaltet auf Bootsfahrtrhythmus um, entschleunigt.

Bevor die Speisen angerichtet werden, ist Zeit, den Flussverlauf zu betrachten

Einige bestellen Sekt, andere Bier oder Wein. Zwei Kellnerinnen unterstützen die Dampferwirtin im Service. Die Stimmung an den Tischen ist gesellig, aber nicht lärmig. Und entspannt läuft auch das Essen ab. Marion Weniger legt viel Wert darauf, dass nicht die oft zitierte Schlacht am Büfett ausbricht. Vor- und Hauptspeise holen sich die Gäste tischweise im hinteren Bereich des Schiffes ab.

Die Küche beim Alster Dinner Shipping lässt sich als bürgerlich-hanseatisch mit Pfiff beschreiben. Zum Auftakt schmecken in Sherry marinierte Matjesfilets mit Honig-Senf-Soße, zu denen Rosmarinkartoffeln gereicht werden. Wunderbar zart und saftig sind das Vitello Tonato von der Pute mit Kapernäpfeln sowie­ die Hähnchenbrust. Salate und Antipasti, Mozzarella in Pesto und Bulgur. Käse, Brot und Butter runden den ersten Gang ab.

Und bevor die warmen Speisen direkt aus dem Backofen angerichtet werden, bleibt genug Zeit, in Ruhe den weiteren Verlauf des Flusses und das Geschehen am Ufer zu betrachten: Villen, die wie Schmuckschatullen auf sanften Hügeln liegen. Anwohner, die ihre Kanus für eine abendliche Paddelei zu Wasser lassen. Schrebergartenrunden, die fröhlich hinüberwinken.

„Ich sehe jedes Mal etwas Neues auf der Strecke“, erzählt Marion Weniger – und schaut ganz glücklich. Sehr zufrieden ist auch ihre Kundschaft, die mittlerweile den Hauptgang genießt: Außer dem Roastbeef mit Sauce Hollandaise, Kartoffelgratin und Speckbohnen sowie dem überkrusteten Barschfilet auf Gorgonzola-Spinat mit Reis sind vor allem die Rippchen mit Kruste der absolute Hit. Gemüsecurry mit Möhre, Blumenkohl und Brokkoli komplettiert das Angebot.

Über Stadtparksee, Goldbekkanal und Rondeelteich führt die Route. Und während sich die Sonne senkt und der Dampfer langsam wieder Kurs Richtung Binnenalster nimmt, wird an den Tischen zum Nachtisch noch rote Grütze mit Vanilleeis kredenzt.

Auf den letzten Metern, als die Lichter am Jungfernstieg bereits wie Goldketten funkeln, ruft Marion Weniger: „Schauen Sie doch, wie schön das ist.“ Stimmt.

Alster Dinner Shipping jew. Fr/Sa (3 Std.), bis 2.9.: Abfahrt 19.00, 9.9.–30.9.: 18.20, 7.9.+14.10.: 17.00, Boarding 10 Min. vorher, Jungfernstieg 1 (U/S Jungfernstieg), Preis: 65,- pro Person plus Getränke, T. 24 48 24; www.alsterdinnershipping.de