Hamburg. 109 Verfahren gegen Demonstranten, 56 gegen Beamte. Streit um Polizeieinsatz am Rondenbarg

Die Staatsanwaltschaft hat nach den schweren Ausschreitungen während des G20-Gipfels Anfang Juli die erste Anklage gegen einen militanten Gipfelgegner erhoben. Nach Informationen aus Justizkreisen soll der Prozess gegen den 24 Jahre alten polnischen Staatsangehörigen Stanislaw B. am 29. August beginnen.

B., der in Untersuchungshaft sitzt, muss sich wegen Verstößen gegen das Waffen-, Sprengstoff- und das Versammlungsgesetz verantworten. Der junge Mann war am 8. Juli gegen 10 Uhr auf dem Gorch-Fock-Wall (Neustadt) angehalten worden. In seinem Rucksack sollen die Polizeibeamten Feuerwerkskörper, ein Reizstoffsprühgerät, zwei Glasmurmeln, die mit einer Zwille abgeschossen werden können, sowie eine Taucherbrille und einen Augenschutz gefunden haben.

Stanislaw B. wollte zur Demons­tration „G20 not welcome – Grenzenlose Solidarität statt G20“. Verhandelt wird der Fall vor dem Amtsgericht, weil die Ankläger nicht mit einer Verurteilung von mehr als zwei Jahren rechnen, möglich wären bis zu drei Jahre.

Zurzeit sitzen noch 33 von zunächst 51 mutmaßlichen Gewalttätern im Zusammenhang mit dem Gipfel in Untersuchungshaft. Insgesamt laufen bei der Staatsanwaltschaft 109 Ermittlungsverfahren gegen namentlich bekannte Personen. Es geht vor allem um Landfriedensbruch, Körperverletzung und Sachbeschädigung.

Beim Dezernat Interne Ermittlungen (DIE) der Polizei sind 56 Verfahren gegen Beamte anhängig, zumeist wegen Körperverletzung im Amt. „Ich gehe davon aus, dass es auch vorwerf­bares Verhalten von Beamten gegeben hat, auch strafrechtlich relevantes“, sagte Innensenator Andy Grote (SPD). Das DIE habe dazu eine Sonderkommission aus neun Mitarbeitern gebildet. Besonders umstritten ist der Polizeieinsatz am Rondenbarg (Bahrenfeld) am 7. Juli. Die Polizei war nach eigenen Angaben gegen eine Gruppe Vermummter vorgerückt, nachdem die Beamten massiv mit Steinen und Flaschen beworfen worden waren. Laut „Süddeutscher Zeitung“ sollen auf einem Polizeivideo keine Steinwürfe zu sehen sein. Die Polizei betont, dass es sich nur um einen Ausschnitt handelt.

Seite 13 Polizeieinsatz am Rondenbarg