Wenn ein geistig behinderter Junge klassische Musik liebt und das begeistert kundtut, kann das irritieren. Man kann sich aber auch darüber freuen.

Die Autorin Birte Müller schreibt regelmäßig wunderbare Kolumnen über das Leben mit ihren beiden Kindern, vor allem über ihren Sohn Willi, der das Downsyndrom hat. Ihr Artikel über die regelmäßigen Konzertbesuche mit Willi hat mich in besonderer Weise berührt. Denn er führte sofort zu einer längeren Diskussion mit einer Freundin, die sagte, laute Kinder hätten in Konzerten, für die sie viel Geld bezahlt habe, nichts zu suchen. Da gab ich ihr zum Teil recht, schlecht erzogene Jungen und Mädchen, die in teuren Restaurants und Konzertsälen herumschreien, empören mich auch. Denn sie haben oft wenig Spaß an der für sie langweiligen Musik und an feinem Essen. Meistens ärgere ich mich jedoch über die Eltern, die ihren Nachwuchs nicht im Griff haben.

Doch wie sieht es in einem Fall wie Willi aus, der klassische Musik liebt und das auch begeistert kundtut? Ich erinnere mich an einen Musicalbesuch dieses Jahr, bei dem ein geistig behinderter Junge hinter mir saß. Er war wohl schon öfter in dem Stück, denn er konnte jedes Lied mitsingen. Und das tat er sehr laut und sehr schräg. Einen Moment lang war ich irritiert, doch dann erfreute ich mich an der Begeisterung dieses Jungen. Denn genau dafür wird Musik doch komponiert.